Einwegklingen von Leica und Roundfin im Vergleich

Bild 1: Die Schneiden der beiden Prüflinge, links Leica, rechts Roundfin (NPlan 5x, Auflicht)
Jörg Weiß, vom 21.02.2021
Leider ist eine wichtige Quelle für die wirklich guten Leica 818 Mikrotomklingen versiegt: Dr. Klaus Herr- mann hatte bei Leica ordentlich Rabatt raus gehandelt und konnte auch kleinere Mengen ohne Aufschlag beziehen. Wenn man nun im Netz schaut, findet man Preise regel- mäßig über 100 Euro für die 50er Packung, bei 10 Stück kommt da schnell eine Summe zusammen.
Daher hat sich ein Forenmittglied des Mikroskopieforums auf die Suche nach Alternativen gemacht und ist beim chinesischen Anbieter Roundfin (http://roundfin.com) hängen geblieben. Die Klingen dort sind deutlich günstiger, aber auch hier gibt es zunächst einmal Transportkosten und Mindestmengen. Nun gut, der Anbieter hat Probepackungen im Angebot und Jürgen war so nett, mir zwei Klingen zur Prüfung zu überlassen. Die Ergebnisse möchte ich hier kurz darstellen.
Getestet habe ich jeweils die high profile Klingen beider Hersteller, die Leica 818 und die Roundfin 1601B. Für diese Klingenform ist der bekannte
SHK Halter gebaut, die breiteren Klingen lassen sich dort leichter einlegen und fixieren. Da ich nur zwei Roundfin Klingen zur Verfügung hatte, kann hier natürlich nur ein Blitzlicht auf die Alternative geworfen werden. Mit den Leica 818 schneide ich seit Jahren und bin sehr zufrieden.
Auch sei gesagt, dass die Anforderungen an botanische Schnitte ganz andere sind als bei zoologischem Probematerial. Die Ergebnisse sind daher nicht auf die mindestens um einen Faktor 5 dünneren histologischen Schnitte zu übertragen.

Bild 2: Oben Roundfin 1601B, unten Leica 818
Vom Formfaktor her sind beide Klingen absolut identisch. Auch an der Oberfläche ist mit dem bloßen Auge nicht viel zu erkennen. Von den Spezifikationen her ist die Leica 818 beschichtet während die Roundfin unbeschichtet ist. Der rechte Rand der Roundfin scheint nicht sauber ausgeschliffen zu sein, aber den kann man im SHK Halter so oder so nicht nutzen.
Wie schaut das nun unter dem Mikroskop aus (improvisiertes Auflicht mit zwei Jansjö am Leica DMLS mit NPlan 5x)?

Bild 3: Leica 818 (links) und Roundfin 1601B (rechts) unter dem Mikroskop
Man sieht auch hier einen identischen Aufbau: beide Klingen haben 3 Phasen von etwa gleicher Breite. Dabei ist das Schleifmuster auf der Leica Klinge deutlich feiner (zusätzlich poliert oder ggf. auch ein Effekt der Beschichtung?) und der Übergang von der ersten zur zweiten Phase ist abgerundet.
Bei der Roundfin sieht das anders aus: hier gibt es zwischen der ersten und zweiten Phase eine harte Kante. Das Foto ist gestackt und so geht der räumliche Eindruck gänzlich verloren: live unter dem Mikroskop zeigt sich die Kante als waschechte Stufe von einigen µm Höhe. Ob hier ein einzelner Schleiffehler oder ein Serienfehler vor liegt, kann ich nicht sagen: mit der zweite Klinge hatte ich vor der Dokumentation geschnitten und sie war schon in der Klingenbox für gebrauchte Klingen verschwunden.
Wie schaut es nun in der Praxis aus?

Bild 4: Fixierter Spross der Fingerblättrigen Akebie (Akebia quinata) auf dem Tempelchen, im SHK Halter die Roundfin Klinge
Um einen Überblick zu bekommen, habe ich den frischen Blattstiel vom Efeu (Hedera helix) und einen stückfixierten Spross von der Fingerblättrigen Akebie (Akebia quinata), der bereits seit einem Jahr in Ethanol lag, mit der Roundfin 1601B geschnitten. Die Schnittdicke liegt, wie bei mir üblich, jeweils bei 50 µm. Grundsätzlich ging der Schnitt bei beiden Proben glatt von der Hand, gefühlt sogar etwas leichter als mit einer Leica 818. Auch die "schwierige" alte Probe der Akebie ließ sich ohne Probleme gut schneiden.
Beim Efeu lag der "Erfolgsfaktor" bei 8 von 10 Schnitten, bei der Akebie bei 7 von 10.
Zunächst habe ich Schnitte vom frischen Blattstiel des Efeus (Hedera helix) erstellt und diese nach Schnittfixierung mit W3Asim I gefärbt:
Bilder 5a-c: Roundfin Hedera

Bild 6: Zum Vergleich: Ebenfalls ein Efeu Blattstiel, W3Asim II, geschnitten mit der Leica 818
Nun zum Akebienspross! Bei diesem habe ich einige Artefakte erwartet, da er durch die lange Lagerung im Ethanol sicherlich mürbe geworden ist. Färbung ist wieder W3Asim I.
Bilder 7a-d: Roundfin Akebie
Beim Sklerenchym im letzten Bild erkennt man anhand der Farbgradienten, dass die einzelnen Zellen nur noch lose zusammen hängen und leicht gegeneinander versetzt sind. Dies könnte die Auswirkung eines reißenden Schneidens sein also ggf. auf einen Fehler der Klinge hinweisen.
Die Akebie ist ein schwieriger Laborgast: die Schnitte reißen gerne ein, was man auch oben in der Übersicht sehen kann. Allerdings: die Effekte traten bei der mit der Leica 818 frisch geschnittenen Probe vor einem Jahr deutlich stärker auf:

Bild 8: Spross der Akebie, frisch geschnitten mit Leica 818, Färbung W3Asim III
Fazit
Mein Fazit: die Roundfin 1601B Klingen erfüllen ihren Zweck und sind ggf. sogar ein bisschen schärfer wie die Leica 818. Im Bezug auf die in der Auflichtaufnahme zu Tage getretene Stufe muss man ggf. wegen Fertigungstoleranzen mit einzelnen Ausfällen rechnen, was aber nur bei schwierigen Proben auffallen dürfte.
Bezug
Was nutzt die schönste Klinge, wenn man sie nicht kaufen kann? Jürgen Prenzel hat sich zwischenzeitlich entschlossen, die Roundfin 1601B in einem eigenen kleinen Onlineshop anzubieten, den ich hier gerne verlinke:
http://cutters-goettingen.de
Nachtrag vom 04.06.2022: Leider ist die Seite von Jürgen Prenzel nicht mehr erreichbar. Die Roundfin Klingen können jedoch z.B. über Alibaba direkt aus China bezogen werden:
https://german.alibaba.com/product-detail/Roundfin-RD-1601A-B-Disposable-Microtome-1600252041507.html