Tintenfärbungen für botanische Schnitte
Bild 1: Eignet sich normale Tinte für botanische Färbungen?
Jörg Weiß, vom 30.04.2021
Im Thread "Astrablau-Safranin-Färbung" aus dem Mikroskopie-Forum hat der User Bob ein Foto von einer Färbung mit Herlitz Tinte Königsblau gezeigt (
Zum Forenthread).
Hintergrund war mal wieder eine Diskussion zur Beschaffung der für die klassischen botanischen Färbungen benötigten Farbstoffe. Bobs Vorschlag greift da eben auf eine sehr preiswerte, überall erhältliche Färbelösung zurück, die in der Literatur für kindgerechtes Mikroskopieren durchaus Tradition hat (z.B. Was ist Was Reihe "Das Mikroskop"). Auch lagen meinem ersten Kosmos Mikroskop zwei Röhrchen mit Methylenblau (oft der Hauptbestandteil der königsblauen Tinten) und Eosin (dito für rote Tinten) mit entsprechender Anleitung bei.
Im „Großen Kremer“ gibt es zudem einige Rezepte zur Färbung mit Methylenblau (Auflage 2002, Seiten 270 ff. 90.3.7 bis 9.3.10).
Was ist also dran an Färbungen mit normaler Schreibtinte?
Dazu muss gesagt werden, dass Tinten gemäß ihrer Verwendung in Füllern verschiedene Zusatzstoffe bis hin zum Zucker enthalten können, die man beim Färben mikroskopischer Präparate natürlich nicht so gerne sieht. Auch stellt sich die Frage nach der Haltbarkeit solcher Färbungen in klassischen Dauerpräparaten. Gemeint ist hier das Entwässern über Isopropanol und Eindecken in Euparal. Mit wasserbasierten Eindeckmitteln habe ich bezüglich der Haltbarkeit der Eindeckmittel selbst bisher keine guten Erfahrungen gemacht.
Ich gestehe: ich habe nie mit Tinten gefärbt, das Beispielbild aus dem Forum, das im Prinzip eine schöne Differenzierung zeigt, hat aber meine Neugier geweckt und so habe ich einen kleinen Test gemacht.
Zum Einsatz kommen die im Forum vorgeschlagene Herlitz Tinte Königsblau (2 Tropfen auf 10 Tropfen Aqua dest. direkt auf den Schnitten), Eosin Y von Chroma (wässrige Lösung 1%) sowie die beiden Pelikantinten 4001 Königsblau und Rot (hier wieder je 2 Tropfen auf 10 Tropfen Aqua dest.).
Als Probenmaterial dienen frische Querschnitte vom Blattstiel des Efeus (Hedera helix) mit einer Dicke um 50µm. Die Färbezeit nach Schnittfixierung in AFE liegt jeweils bei ca. 20 Minuten, nach dem Fixieren und nach jedem Färbegang wurde gründlich mit Aqua dest. gespült.
Fotografiert habe ich jeweils direkt nach dem Eindecken in Euparal sowie nach Aushärten der Präparate auf der Wärmeplatte (ca. 45 Grad) nach 7 Tagen.
Hier nun die Ergebnisse im Vergleich.
Zur Einordnung zunächst ein Blattstiel des Efeus im frischen, ungefärbten Schnitt, sowie in FCA Färbung. Dabei ist ein Detail des frischen Schnittes beschriftet, sodass man sich ein Bild von der Differenzierung der Zelltypen im Vergleich machen kann.
Bilder 2a-g: Grundlagen
Herlitz Tinte Königsblau
Die Herlitz-Tinte gibt es kostengünstig in der Großpackung. Ich habe mich für Patronen entschieden, da man die ggf. auch ihrer normalen Verwendung zuführen kann, während ein Tintenglas vermutlich einfach nur einstauben würde. Siehe auch Bild 1.
Und nun schauen wir einmal, wie das beim Efeu mit der Herlitz Tinte Königsblau aussieht. Zunächst die Farbwirkung direkt nach dem Eindecken:
Bilder 3a-d: Färbung mit Herlitz Tinte Königsblau direkt nach dem Eindecken
Bilder 4a-c: Färbung mit Herlitz Tinte Königsblau nach 7 Tagen
Wir sehen: die Farbwirkung hat etwas nachgelassen, ist im Ganzen aber noch gut. Die Differenzierung der Färbung erlaubt mit etwas Erfahrung, alle Gewebe des Schnittes sauber anzusprechen.
Auffällig ist, dass Zellorganellen wie z.B. die Chloroplasten angefärbt sind, was insbesondere im Rindenparenchym gut zu erkennen ist (Bilder 3d und 4c).
Einige Zellen enthalten jedoch Farbschlieren, die dort nicht hin gehören, z.B. beim Übergang vom Phloem ins Sklerenchym in den Bildern 3b & 4b. Sicher den Beigaben der Tinte geschuldet, die für einen zusammenhängenden Tintenfluss und ein gutes Eindringen / Anhaften am Papier sorgen sollen.
Herlitz Tinte Königsblau & Eosin
Glockenschlag zur zweiten Runde! Wie sieht es aus, wenn zusätzlich zum Herlitz Königsblau mit Eosin gegengefärbt wird? Wie oben zunächst die frisch eingedeckten, dann die 7 Tage alten Präparate.
Bilder 5a-c: Herlitz Tinte Königsblau und Eosin direkt nach dem Eindecken
Bilder 6a-c: Herlitz Tinte Königsblau und Eosin nach 7 Tagen
Zunächst fällt auf, dass die blaue Farbe schon beim Eindecken blasser ist, als bei der vorangegangenen Einfachfärbung. Auch die Färbung der Zellorganellen ist fast komplett verschwunden. Dafür färbt das Eosin die sklerifizierten Zellwände des Xylems und des Sklerenchyms sehr gut an. Die Differenzierung der verschiedenen Zelltypen ist gut.
Leider verblasst auch hier die Färbung bereits nach 7 Tagen mehr als deutlich. Somit sieht es bezüglich einer langen Haltbarkeit nicht gut aus.
Pelikan Tinte 4001 Köningsblau und Brillant-Rot
Und nun in die dritte Runde! Leider habe ich von Herlitz keine einfache rote Tinte gefunden. Bezüglich der verwendeten Hilfsstoffe schien es mir jedoch nicht geraten, Tinten unterschiedlicher Hersteller zu mischen. Da auch die Wirkung einer anderen blauen Tinte nicht uninteressant ist, habe ich für den dritten Versuch Pelikan Tinte 4001 in Königsblau und Brillant-Rot bestellt. Diesmal aber nur 2 6er Heftchen:
Bilder 7a-e: Pelikan Tinten und Färbeverlauf
Und hier die Ergebnisse in der nun schon gewohnten Reihenfolge:
Bilder 8a-c: Pelikan Tinten Königsblau und Brillant-Rot direkt nach dem Eindecken
Und auch hier wieder nach 7 Tagen:
Bilder 9a-c: Pelikan Tinten Königsblau und Brillant-Rot nach 7 Tagen
Wir sehen ein ähnliches Bild wie bei der Kombination Herlitz Königsblau und Eosin. Nur dass das 4001 Blau die Zellorganellen von Anfang an gar nicht färbt, die Farbwirkung auch bei den frischen Schnitten schon blasser ist und ebenfalls nach 7 Tagen stark verliert. Die Differenzierung der verschiedenen Zelltypen ist auch hier gut.
Fazit
Die größte Chance auf eine einigermaßen haltbare Färbung ergibt sich in diesem kleinen Test mit der Herlitztinte ohne Gegenfärbung. Mit etwas Erfahrung gelingt die Differenzierung der Zelltypen einwandfrei ohne direkten Vorteil zu den ungefärbten Schnitte. Sicherlich ein kostengünstiger Einstieg in die Welt der gefärbten botanischen Schnitte.
Die Färbungen mit Eosin als 1%ige Lösung oder in Form einer Tinten bieten anfänglich eine gute Differenzierung, verblassen jedoch sehr schnell. Hier lohnt meines Erachtens die Weiterverarbeitung als Dauerpräparat nicht.
Was bleibt offen:
- Neben den hier getesteten Tinten gibt es natürlich noch jede Menge andere Produkte am Markt, die ggf. für den Zweck des Mikroskopikers bessere Eigenschaften aufweisen können.
- Wie sich ein Eindecken mit einem wasserbasierenden Eindeckmittel wie z.B. Magnacol oder einem UV-härtenden Mittel wie Eukitt UV auf die Stabilität der Färbung auswirkt, wurde nicht untersucht.
- Wie die Schnitte nach 6 Monaten oder Jahren aussehen, kann hier (noch) nicht gesagt werden. FCA oder z.B. Wackerfärbungen sind nach 10 Jahren im Wesentlichen noch intakt. Nach nun etwa 3 Monaten haben die Färbungen in allen Präparaten noch mal ein wenig nachgelassen.
Empfehlung: Wenn keine der klassischen Färbemittel zur Verfügung stehen, und keine Dauerpräparate erstellt werden sollen, eignen sich die hier vorgestellten Färbungen auf jeden Fall zur Übung der Vorgehensweisen und zum Erstellen von Fotodokumentationen von den frisch gefärbten Schnitten.