Der rote Eukalyptus (Eucalyptus camaldulensis)
Bild 1: Junger Roter Eukalyptus am Strassenrand auf Korfu
Jörg Weiß, vom 30.11.2018
Eukalyptusblätter wollte ich wegen deren interessanten Anatomie schon immer einmal schneiden. Auf Korfu hatte ich dann Gelegenheit, eine Probe vom Roten Eukalyptus zu nehmen. Eucalyptus camaldulensis ist eine von über 600 Arten der Gattung Eukalyptus und wurde auf Korfu eingeführt. Ob er früher zur Holzgewinnung genutzt wurde, kann ich nicht sagen, heute findet man ihn oft als Ziergehölz und Schattenspender.
Nun stammen die meisten Eukalyptusarten aus Australien und Tasmanien. Sie wurden jedoch ab dem 19. Jahrhundert zur Trockenlegung von Sümpfen und als schnellwüchsiger Holzlieferant eingeführt. Vorherrschend im Mittelmeerraum ist Eucalyptus globulus Labill. - der Gewöhnliche Fieberbaum. Der Rote Eukalyptus unterscheidet sich von ihm durch die in kleinen Dolden stehenden Blüten und die rötliche Färbung junger Zweige.
Artikelinhalt
Kurzportrait des Roten Eukalyptus
Der Rote Eukalyptus (Eucalyptus camaldulensis) ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae). Sie kommt in fast ganz Australien vor und wird dort „River Red Gum“ genannt. Er findet sich dort entlang vieler Wasserläufe und ist die am weitesten verbreitete Eukalyptusart. Auf lehmhaltigen Böden gedeiht er am besten und er ist auf ausreichend Wasser und wiederkehrende Überschwemmungen angewiesen. Wie alle Eukalyptusarten wurde er im Mittelmeerraum eingebürgert. In Spanien gibt es z.B. riesige Pflanzungen, deren Holz in der Papierindustrie genutzt wird.
Bild 2: Es gibt aus größere Exemplare, dieses hier steht in Orroroo, Australien (Wikipedia, gemeinfrei)
Der Rote Eukalyptus wächst als Baum, der Wuchshöhen von bis zu 30 Meter, gelegentlich auch mehr, erreicht. An gut bewässerten Standorten wächst der Baum gerade, kann aber an trockeneren Standorten krumme Äste entwickeln. Die Borke ist weich und weiß, grau bis rotbraun und schält sich in kurzen Bändern oder Flicken ab.
Beim Roten Eukalyptus liegt Heterophyllie vor. Die Jugendblätter und die Blätter an älteren Bäumen unterscheiden sich bei den meisten Eukalyptusarten deutlich. So sind auch die die Laubblätter an jungen Exemplaren des roten Eukalyptus breit-lanzettlich bis eiförmig und matt grau-grün. Die Laubblätter an der älteren Pflanze hingegen sind einfarbigen, matt grün oder grau-grün und schmal-lanzettlich bis lanzettlich, 8 bis 30 Zentimeter lang und 1 bis 2,5 Zentimeter breit. Sie besitzen einige bis viele schizolysigene Ölbehälter in den Bereichen zwischen den Nerven. Schizolysigen: die recht großen Ölbehälter entstehen durch die Bildung von Interzellularräumen (schizogen) und Auflösung betroffener Zellen (lysigen) unter Freisetzung des Öls in den entstandenen Hohlraum.
Reines Eukalyptusöl besteht zu 60 bis 80 % aus dem früher Eukalyptol genannten Cineol, und enthält daneben noch geringe Mengen Rechts-Pinen sowie möglicherweise etwas Camphen und Fenchon. In dem Rohöl finden sich die zum Husten reizenden Aldehyde der Buttersäure, Capronsäure und Baldriansäure.
Bild 3: Ast mit typischer Rinde
Bild 4: Laub des Roten Eukalyptus
An einem im Querschnitt stielrunden, 7 bis 25 Millimeter langen Blütenstandsschaft stehen in Gesamtblütenständen etwa sieben- bis elfblütige Teilblütenstände. Der stielrunde Blütenstiel ist 5 bis 12 Millimeter lang.
Bild 5: Blüten des Roten Eukalyptus (Wikipedia, CC BY-SA 4.0)
Die Blütenknospe ist bei einer Länge von 6 bis 11 Millimetern und einem Durchmesser von 3 bis 6 Millimetern eiförmig. Die zwittrige Blüte ist radiärsymmetrisch mit doppelter Blütenhülle. Die Calyptra ist halbkugelig und schnabelförmig, länger als der Blütenbecher (Hypanthium) und so breit wie dieser.
Die Frucht ist bei einer Länge und einem Durchmesser von jeweils 5 bis 7 Millimetern kugelig oder eiförmig. Der Diskus ist erhaben und die Fruchtfächer stehen hervor.
Bild 6: Junge Fruchtstände des Roten Eukalyptus
Bild 7: Reifende Fruchtstände des Roten Eukalyptus
Der Rote Eukalyptus bietet an seinen natürlichen Standorten im Jahresverlauf Lebensraum für viele Tierarten. Dazu gehören während der Überflutungen und durch herabgefallenes Totholz auch einige Fischarten, die Deckung finden und ihre Eier ablegen.
Bild 8: Illustration zum Roten Eukalyptus (American Journal of Pharmacy, 1829)
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich den frischen Blattstiel freistehend und das frische Blatt in Möhreneinbettung auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je etwa 50 µm.
Die aus zwei Blättern bestehende Probe habe ich gut 24 Stunden vor der Präparation frisch vom Baum genommen und eingerollt in einer kleinen, dicht schließenden Dose mit etwas angefeuchtetem Haushaltspapier transportiert.
Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 24 Stunden wurden die Schnitte gut mit Aqua dest. ausgespült. Eine Bleiche z.B. mit Chloralhydrat war nicht notwendig.
Gefärbt habe ich mit frisch angesetztem W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller für 7 Minuten mit einmaligem kurzen Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt.
Eine Beschreibung der Färbung findet Ihr hier: W3Asim II im Vergleich auf der Seite des MKB.
Nach der Färbung wurden die Schnitte in Aqua dest. für weitere 3 Stunden mit mehrmaligem Wechsel sanft differenziert.
Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - wie immer in Euparal.
Weitere Informationen zur Erstellung botanischer Dauerpräparate finden Sie auf der zugehörigen
Themenseite.
Bild 9: Die zwei Probenblätter in der Transportdose
Die verwendete Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan sowie den 10x, 20x und 40x PlanApos entstanden. Auch ein 100x Planfluotar war im Einsatz. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die notwendigen Einstellungen zum Weißabgleich und der Belichtungszeit wurden direkt an der Kamera vorgenommen, die Auslösung erfolgten mit einem drahtlosen Fernauslöser. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image in der Version 8.0 ran.
Der Blattstiel
Beginnen wir mit dem Blattstiel, dessen Leitbündel hübsch nierenförmig gebogen ist.
Bild 10a: Blattstiel von Eucalyptus camaldulensis in der Übersicht; frischer, ungefärbter Schnitt
Bilder 10b & c: Blattstiel von Eucalyptus camaldulensis in der Übersicht, beschriftet und Pol
Bild 11a: Blattstiel von Eucalyptus camaldulensis in der Übersicht, gefärbter Schnitt (W3Asim I)
Bilder 11b & c: Gefärbter Blattstiel von Eucalyptus camaldulensis in der Übersicht, beschriftet und Pol
Der Blattstiel ist von einer einreihigen Epidermis mit ausgeprägter Cuticula umgeben. Darauf folgt ein von vielen, für den Eukalyptus typischen, schizolysigenen Ölbehältern unterbrochenes Kollenchym. Das Rindenparen- chym ist eher schwach ausgeprägt und die Polaufnahme zeigt die vielen eingelagerten Calciumoxalat-Drusen.
So eingebettet finden wir das nierenförmig aufgebogene Leitgewebe des Blattstiels, das von einem nur wenige Zellen dicken, manchmal faserig unterbrochenen, Sklerenchymring umgeben ist. Der Aufbau des Leitgewebes selbst ist klassisch: außen das Phloem und innen das Xylem, beide werden von Markstrahlen unterbrochen; ein Cambium fehlt. Im Inneren des Leitbündels wieder ein Parenchym, in das einige Sklerenchymzellen eingelagert sind.
Informationen zu den Abkürzungen in den beschrifteten Bildern 10b und 11b sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer
hier auf der Webseite des MKB (Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen).
Schauen wir uns nun das Leitbündel noch einmal etwas genauer an:
Bilder 12a & b: Leitbündel im Blattstiel
Hier können wir den oben beschriebenen Aufbau etwas deutlicher erkennen, besonders die Markstrahlen und die im Inneren des Leitgewebes liegenden Sklerenchymzellen treten besser hervor. Es gibt kein Markparenchym! Aus meiner Sicht entsteht der nierenförmige Ring durch Umbiegen des flachen Leitbündels im Verlauf des Blattstiels. Die Zellen im Inneren sind also ursprünglich oben liegendes Rindenparenchym und die Sklerenchymzellen darin gehören zum Sklerenchymring um das Leitbündel und wurden wie das Parenchym vom Leitgewebe umschlossen. Das ganze sollte am Blattgrund erkennbar sein, dort würde ich ein nur leicht sichelförmig gebogenes Leitgewebe erwarten. Leider habe ich kein Material mehr, um das zu prüfen.
Das Blatt
Die Mittelrippe nimmt die Form des Leitbündels im Blattstiel wieder auf:
Bild 13a: Mittelrippe des Blattes, frischer, ungefärbter Schnitt
Bilder 13b - e: Mittelrippe des Blattes, weitere Bilder
Wir sehen eine ähnliche Struktur wie beim Blattstiel, aber hier haben sich die beiden oben liegenden "Nierenbögen" vom Hauptleitbündel getrennt, das flach bzw. leicht gekrümmt darunter liegt. Die beiden oberen Nebenleitbündel wandern zum apikalen Ende des Blattes weiter zur Seite, biegen dann scharf ab und versorgen so die Blattspreite ausgehend von der Mittelrippe.
Dazu sehen wir einen deutlich ausgeprägtere Sklerenchymring, Reste des Kollenchyms, die allgegenwärtigen Ölbehälter und an den Rändern schon das beginnende dreilagige Assimilationsparenchym auf der Ober- und Unterseite der Blattspreite (äquifaziales Blatt).
Und in der Fläche?
Bild 14a: Frischer Schnitt von der Blattfläche
Bilder 14b - j: Blattfläche im frischen Schnitt, weitere Bilder
Das Blatt des Eukalyptus ist äquifazial, was bedeutet, dass wir an Blattober- und Unterseite ein hier jeweils dreireihiges Palisadenparenchym (es gibt sogar kleine abschnitte mit vier Zellreihen) vorfinden. In der Blattmitte liegen die Nebenleitbündel und ein recht dünnes Schwammparenchym.
Die Epidermis ist auf beiden Seiten einreihig und trägt eine ausgeprägte Cuticula. Die substomatären Interzelllularräume der ebenfalls beidseitig auftretenden Stomata sind recht klein und unscheinbar. auch hier wieder jede Menge Ölbehälter und Drusen, die in den Bildern mit Polarisationskontrast besonders gut zu sehen sind.
Bild 15a: Gefärbter Schnitt von der Blattfläche
Bilder 145 - k: Blattfläche im mit W3Asim I gefärbten Schnitt, weitere Bilder
In den gefärbten Schnitten zeigt sich, dass die Nebenleitbündel teils auch eine kleine Sklerenchymkappe haben. Im Polarisationskontrast wieder die wie Sterne leuchtenden Drusen und in den letzten Beiden Aufnahmen drei dicht nebeneinander liegende Stomata bei 1000facher Vergrößerung.
Ein interessantes Detail: das Xylem der Nebenleitbündel liegt immer oben. Das schließt ein unifaziales Blatt aus.
Literatur und Links
[1] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[2] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] W3Asim im Vergleich
Die W3Asim - Färbungen von Rolf-Dieter Müller, MKB 2014
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[6] Eucalyptus camaldulensis bei Wikipedia
Wikipedia
Bildquellen
- Bild 2: Roter Eukalyptus in Orroroo, Australien
Wikipedia, User Roo71, gemeinfrei
- Bild 5: Blüten des Roten Eukalyptus
Wikipedia, User uleli, CC BY-SA 4.0)
- Bild 8: Illustration zum Roten Eukalyptus
American Journal of Pharmacy, 1829, gemeinfrei (Wikipedia)
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
Zurück zum Artikelanfang Zurück zum Inhaltsverzeichnis