Algen aus norddeutschen Seen
Rudolf Krönung, vom 01.09.2013
Auf meiner diesjährigen Urlaubs- rückfahrt von Baltrum nahm ich in Norddeutschland einige Wasser- proben zur Auswertung mit. Auf Baltrum selbst waren bei dem heißen Wetter alle Süßwasser- ansammlungen ausgetrocknet oder schlicht im sandigen Boden versickert. Baltrum ist ohnehin, da solche Trockenzeiten regelmäßig vorkommen, für Süßwasseralgen kein ideales Habitat. Auf meinem Weg lagen das Eversmeer, der Silbersee bei Tannenhausen, der Tannenhausener See und die Molbergener Dose, ein renaturiertes Moorgebiet.
An der ersten Probenstelle hatte ich kein Glück: in der Wasserprobe aus dem Eversmeer fanden sich keine nennenswerten Algen.
Zu den Seen:
Der Silbersee
Im Silbersee hingegen enthielt meine Wasserprobe eine ziemlich große Population von Closterium lunula var. lunula. Er ist ein relativ kleiner See mit einer Oberfläche von ca. 100 x 200 m. Sein Wasser dürfte der Wassergüteklasse III (α-mesosaprob) entsprechen, mit einem pH-Wert von 7. Die Probe wurde im Uferbereich entnommen, wie das folgende Bild zeigt.
Probenentnahmestelle am Silbersee bei Tannenhausen
Closterium lunula ist normalerweise ventral gerade oder seltener schwach angeschwollen bzw. schwach konvex. Allerdings muss man die Lage der Alge richtig einschätzen, um den konvexen Zustand der Ventralseite feststellen zu können. Seltener kann sie auch ventral konkav sein. Für alle diese Fälle sind Beispiele ausgewählt. Die Zellenden wirken durch die ventral stärkere Verjüngung deutlich zurückgebogen, ein typisches Merkmal von Cl. lunula. Die Apexform schwankt zwischen gerundet bis abgeflacht-gerundet. Die Apizes haben i.d.R. eine nach innen gerichtete dellenartige Verdickung, die nur in einer bestimmten Fokussebene hervortritt. In höherer Vergrößerung kann man die länglich, eckig und teils zu größeren rhomboiden Clustern zusammengesetzt (links unten) wirkenden Gipskristalle etwas genauer erkennen.
Die hohe Saprobität des Wassers führte dazu, dass die Bakterien in der Probe zu nahmen. Nach einer Woche entstanden einige Bilder, auf denen eine Closterie von Ciliaten umgeben ist, die offenbar an den Bakterien interessiert sind, mit denen die Alge bedeckt ist.
Closterium lunula aus dem Silbersee
Weitere Funde aus dem Silbersee
Die drei gefundenen Algenspezies gehören zu häufiger vorkommenden Arten und sind ökologisch ziemlich anpassungsfähig und anspruchslos, worauf auch die hohe Saprobität der Fundstelle hindeutet.
Der Tannenhausener See
Der Tannenhausener See ist vom Silbersee nur etwa 1 km entfernt. Er ist knapp 850 m lang und misst an seiner breitesten Stelle ca. 300 m. Sein Wasser ist wesentlich sauberer (pH = 6,5) und wird von Badegästen genutzt, wenn auch überall 'Baden verboten-Schilder' stehen. Die Wasserprobe entstammt aus einer Ausquetschung von Wasserpflanzen (Wasserpest) aus der Flachwasserzone am Rand des Sees.
Die Probe enthielt u.a. die Algen Closterium moniliferum var. moniliferum (BORY) EHR. ex RALFS, Closterium submoniliferum var. submoniliferum VORON.(COESEL) und Micrasterias rotata var. rotata. Bei den vier Beispielen zu Cl. moniliferum zeigt sich, dass die normalerweise axial angeordneten Pyrenoide auch schon mal etwas verrutschen können.
Algen aus dem Tannenhausener See
Die Molbergener Dose
Die Molberger Dose ist ein ehemaliges Torfabbaugebiet, dass heute renaturiert wird. Man kann über einen Moorlehrpfad dieses Gebiet erkunden. Der 2. August war ein extrem heißer Tag. Ich hatte meinen Hund dabei, der mit seinem dicken Fell für solche Wetterlagen nicht gut ausgerüstet ist. Daher habe ich mich mit einer kurzen Strecke ins Moor begnügt und nur 2 Proben genommen. Mein Hund ist nicht mehr der Jüngste und war dann froh, als wir endlich wieder im Wagen bei dank Klimaanlage erträglicheren Temperaturen die Fahrt fortsetzten. Wie sich dann später herausstellte, war die Algenausbeute in meinen beiden Proben etwas dürftig. Der pH lag bei etwa 4,5. In der Probe fanden sich neben Schalenamöben, Amöben und div. Ciliaten vor allem Straurastrum arcuatum (wahrsch. var. subavicula) und Xanthidium antilopaeum.
Probenentnahmestelle in der Molberger Dose
Algen aus der Molbergener Dose
Literatur
[1] Die Desmidiaceen Mitteleuropas
Jirì Růžička, E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, 1971.
[2] Das Leben im Wassertropfen
Streble / Krauter, Kosmos, 12. Auflage 2010.
[3] Die Closteriumalge und ihre Bestimmung
Rudolf Krönung, MKB Vortrag 2013.
Bildquellen