Papiermikroskopie
Der Abend zur Papiermikroskopie von rolf-Dieter Müller war gut besucht
Bonn, den 22.02.2018
Papier ist trotz des seit Jahren gehypten "papier- losen" Büros und all der e-Reader nicht aus unserem Alltag weg zu denken. Es ist weiterhin eines der wich- tigsten Erzeugnisse für viele Industrien von der Publi- kation über den Künst- lerbedarf bis hin zu diversen Hygiene- und Haushalts- papieren sowie Spezialpa- pieren für z.B.
Banknoten. Die weltweite Jahresproduktion liegt bei über 400 Millionen Tonnen (2013) und wir finden viele Industrienationen unter den Top Ten der Produzenten.
Hauptrohstoffe sind noch immer diverse Hölzer, die in unterschiedlicher Aufbereitung Papiere unterschiedlicher Güte ergeben. Dazu kommen noch Baumwolle, Wolle und Lumpen und diverse Zusatzstoffe wie Leim, optische Aufheller oder Gips und Titanweiß, die maßgeblich zu den unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Papiere beitragen.
Ein weißes Blatt Papier zum Einstieg ... Rolf-Dieter Müller trägt vor
Wurden Papiere in früheren Zeiten Bogen für Bogen mühevoll per Hand geschöpft, nachdem die Rohmaterialien z.B. in wassergetriebenen Ham- merwerken zerklopft worden waren, geschieht die Produktion heute vollautomatisiert in großen Maschinen. Diese produzieren mit bis zu 120 km/h etwa 1,50 m breite Papierbahnen aus einer auf eine Siebstrecke aufgebrachten Faserrohmasse mit etwa 8% Faseranteil, die entwässert, gewalzt und getrocknet wird, bevor sie auf großen Rollen landet um weiter verarbeitet zu werden.
Rolf-Dieter Müller trägt vor
Die Papiermikroskopie dreht den Vorgang nun um: das zu untersuchende Papier wird in kleine Stücke gerissen und in Wasser geschüttelt, bis es in seine Fasern zerfällt. Hochbearbeitete Papiere brauchen da etwas Nachhilfe durch eine leichte Natronlauge und ggf. etwas Hitze. Also alles einfach im Reagenzglas machbar.
Unter dem Mikroskop sind die "guten" Büropapiere allerdings recht langweilig, da sie als so genannte "holzfreie" Papiere hauptsächlich aus Cellulosefasern bestehen. 5% ligninhaltige Fasern sind aber auch hier erlaubt.
Zeitungspapier mit einem Anteil an Altpapier ist da schon interessanter: hier ist der Holzanteil höher und dass Altpapier beigemengt wurde, lässt sich nicht nur an verschlissenen Fasdern erkennen, sondern auch an winzigen Partikelchen von verwschiedenen Farbstoffen, mit denen das Altpapier bei der letzten Verwendung durchgefärbt oder bedruckt war.
Nach dem Vortrag wurde mikroskopiert. Frischer Zeitungspapierbrei und gefärbte Fertigpräparate standen zur Wahl.
Aus dem frischen Faserbrei lässt sich aber auch schnell ein schönes gefärbtes Dauerpräparat machen. Dazu wird z.B. auf dem Objektträger W3Asim II Farbstoff zugegeben und für mindestens 12 Minuten einwirken lassen. Danach wird gut ausgespült, ohne die Fasern wieder vom Glas zu schwemmen und dann vorsichtig über einer Flamme oder auf einer Heizplatte getrocknet. Anschließend kann direkt mit Euparal oder Malinol eingedeckt werden.
Nun lassen sich Cellulosefasern und ligninhaltige Fasern schön an der Färbung unterscheiden (ligninhaltig = rot). Ausserdem wird es einfacher, die verwendeten Holzarten anhand der typischen Zell- und Tüpfelstrukturen zu bestimmen.
Zeitungspapierfasern in W3Asim II Färbung, lignifizierte Fasern erscheinen rot
Zeitungspapierfasern im Hellfeld, im Polarisationskontrast und mit Chlorzinkjodlösung
Weitere gefärbte Dauerpräparate
Manche Papiere sind so dünn, dass sie unzerstört auf den Objektträger gegeben und mit einem Tropfen Wasser oder eben auch gefärbt wie oben beschrieben mikroskopiert werden können. Bei diesen lässt sich schön der intakte Faserverbund beobachten. Geeignet sind hier z.B. die feinen Papiere ("Seidenpapier"), die als Schutz zwischen den Objektträgern z.B. der Firma BMC liegen.
Faserverbund bei einem sehr dünnen Papier
Wir danken Rolf-Dieter Müller für den interessanten Vortrag und den spannenden Praxisteil am eigenen Mikroskop und nicht zuletzt auch für das Dauerpräparat, dass jeder Teilnehmer am Ende der Veranstaltung mit nach Hause nehmen durfte.
Der Foliensatz von Rolf-Dieter Müllers Vortrag kann im
Mitgliederbereich unter "Interne Downloads" im Powerpoint-Format zum privaten Gebrauch heruntergeladen werden.