Die Welwitschie (Welwitschia mirabilis)
Bild 1: Habitus einer alten Welwitschie in natürlichen Umgebung; aus Wikipedia, User Nanosanchez, CC BY-SA 3.0
Jörg Weiß, vom 29.09.2015,
Zuletzt erweitert am 01.12.2018
Im August erreichte mich eine Anfrage von Michael Plewka: ob ich wohl Lust hätte, eine Probe vom Blatt der Welwitschie zu präpa- rieren. Und ob ich Lust hatte!
Anfang September traf die Probe dann nach vier- wöchiger Reise aus Namibia etwas trocken aber wohl- behalten bei mir ein. Michael hatte im Heimatland der interessanten Wüstenpflanze ganz offiziell um eine Probe für wissenschaftliche Zwecke gebeten und die Erlaubnis erhalten, ein Blattstück zu entnehmen.
Leider habe ich nicht daran gedacht, ein Foto zu machen, da ich die Probe so schnell wie möglich im AFE zur Fixierung haben wollte. Aber Michael sagte mir, dass das Blattstück aus dem zweiten Drittel des Blattes stammt, wo dieses schon auf gesplittet ist und abzusterben beginnt.
Lieber Michael, bevor es hier richtig los geht, noch einmal meinen herzlichen Dank für das außergewöhnliche Material!
Artikelinhalt
Informationen zur Welwitschie (Welwitschia mirabilis)
Die Welwitschie (Welwitschia mirabilis) ist die einzige Art der Gattung Welwitschia in der Familie der Welwitschiagewächse (Welwitschiaceae). Sie gehört zur nacktsamigen Ordnung Gnetales und wächst endemisch in der Wüste Namib im südlichen Afrika. Aufgrund ihres häufigen Vorkommens ist die Welwitschie im Wappen Namibias sowie verschiedenen Städte- und Regionswappen abgebildet. Obwohl die Pflanze mehrere hundert Jahre alt wird, besitzt sie in der Regel nur ein einziges Blattpaar.
Bild 2: Ein besonders großes Exemplar in Namibia, die Pflanze ist zum Schutz eingezäunt
Nach neueren Untersuchungen unter anderem durch den Botanischen Garten Berlin-Dahlem ist diese Gattung nicht monotypisch. Welwitschia mirabilis kann in zwei Unterarten aufgegliedert werden, die sich vom Vorkommen und in der Morphologie unterscheiden:
Welwitschia mirabilis subsp. mirabilis wächst in Angola.Neben einigen anderen Unterschieden überlappen sich die Brakteenpaare (Hochblätter) rund 2 Millimeter, sie sind zu mehr als drei Viertel der Länge verwachsen und besitzen einen glatten Rand.
Welwitschia mirabilis subsp. namibiana Leuenberger wächst dagegen in Namibia. Die Brakteenpaare überlappen sich nur rund 1 Millimeter und sind zu ein bis zwei Drittel der Länge verwachsen und zeigen einen zerfransten Rand.
Von der Entnahmestelle her sollte meine Probe also von einer Welwitschia mirabilis subsp. namibiana stammen.
Bild 3: Eine weibliche Welwitschie aus dem botanischen Garten in Dresden, die Pflanze ist einige Jahrzehnte alt und damit vergleichsweise jung
Der Name der Welwitschie geht auf den österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch zurück, der die Pflanze im Jahre 1859 in der Nähe von Cabo Negro in Angola entdeckt und diese in einem Brief an Sir William Jackson Hooker, den Leiter der Royal Botanic Gardens Kew, London, vom 16. August 1860 erstmals beschrieben hat. 1862 sandte er Joseph Dalton Hooker, ebenfalls in Kew, ein Exemplar, der die Pflanze 1863 wissenschaftlich beschrieb und sie nach dem Entdecker benannte. Von Hooker ist die folgende Aussage über die Welwitschie überliefert: It is out of the question the most wonderful plant ever brought to this country, and one of the ugliest („Dies ist ohne Frage die wunderbarste Pflanze, die je in dieses Land gebracht wurde, und eine der hässlichsten.“).
In Angola wird die Pflanze n'tumbo (Welwitsch hatte Tumbo als Name vorgeschlagen) genannt, was so viel wie „Stumpf“ bedeutet. In den indigenen Dialekten gibt es noch weitere Bezeichnungen wie !kharos, Khurub oder Nyanka. In Herero wird sie onyanga genannt, die „Wüstenzwiebel“ und in Afrikaans heißt sie nett beschreibend Tweeblaarkanniedood, was etwa „Zwei-Blatt-kann-nicht-sterben“ bedeutet. Das Mark wurde früher – roh oder in heißer Asche gebacken – gegessen, eine nette Gemeinsamkeit mit den
Brotpalmfarnen.
Bild 4: Illustration zur Welwitschie, ihren Blütenständen und Früchten
Die Welwitschie besitzt einen kurzen, rübenförmigen Stamm, der aus dem Hypokotyl hervorgeht, eine tiefreichende Pfahlwurzel und zwei Laubblätter, die die Keimblätter ersetzen. Der Stamm ist verholzt und wird oberirdisch meist rund 50 Zentimeter hoch, kann aber maximal 1,50 Meter Höhe erreichen. Der Durchmesser kann bis zu einem Meter betragen und der Querschnitt weist Jahresringe auf. bei einem besonders großen Exemplar wurde ein Umfang von 8,7 Metern gemessen. Die Oberseite des Stammes ist eine konkave Scheibe, da der terminale Apex das Wachstum sehr früh einstellt. Dort entspringen die beiden Laubblätter und nahe der Blattbasis auch die Blütenstände. Überraschenderweise besitzt das Sekundärholz Tracheen, die eigentlich ein typisches Merkmal der Angiospermen sind.
Bild 5: Eine weitere Illustration mit einer blühenden weiblichen Pflanze von W. Fitch aus Curtis’s Botanical Magazine, vol. 89, 1863
Die beiden Laubblätter können über 2,5 Meter lang werden, manche Berichte sprechen von 6,2 Metern. Am Blattende sterben sie ab und verwittern, die ältesten lebenden Teile können jedoch etwa 10 Jahre alt werden. Da das Hypokotyl sich mit zunehmendem Wachstum auffaltet, reißen die Blätter häufig ein und täuschen so mehrere Blätter vor. In der Umgebung des Brandbergs wurden jedoch auch Individuen gefunden, die tatsächlich zwei Blattpaare besitzen (dies ist dort bei rund 5 % der Population der Fall). Die Blätter wachsen an einem basalen Meristem, ihr Wachstum beträgt durchschnittlich 0,17 bis 0,83 Millimeter pro Tag.Die Jahreswerte variieren je nach Standort und abhängig von der verfügbaren Feuchtigkeit im Boden zwischen 40 und 409 Millimeter pro Jahr. Die Leitbündel der Blätter können anastomosieren oder blind im Mesophyll enden, was einzigartig unter den Gymnospermen ist.
Bedingt durch den sehr trockenen Standort sind die äquifazialen Blätter sind xeromorph aufgebaut: sie besitzen eine dicke Cuticula, die Spaltöffnungen sind eingesenkt und die Spalten sind besonders cutinisiert (Akkrustierung) und damit wasserabweisend.
Das Wurzelwerk der Welwitschie breitet sich unterirdisch über einen Radius von bis zu 15 Metern aus. Zusätzlich verfügt die Pflanze über eine Pfahlwurzel, die mit ca. 3 Metern Länge vermutlich Grundwasserhorizont erreichen. Dies konnte jedoch noch nicht überprüft werden, da sich die Wurzel bei Ausgrabungsversuchen je nach Standort in der Regel in einem harten, Calcit-verkitteten Kies verlieren.
Bild 6: Männliche Blütenstände
Welwitschia mirabilis ist zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Männliche und weibliche Blüten befinden sich in zapfenartigen Blütenständen und sitzen dort in der Achsel von Deckschuppen.
Bild 7: Die kleinen männliche Blüten an einem Blütenstand
Die Hülle der männlichen Blüten besteht aus zwei kreuzgegenständigen Paaren von Hochblättern (Brakteen). Die sechs Staubblätter stehen in einem Wirtel und sind an der Basis miteinander verwachsen. An jedem finden sich drei miteinander verwachsene Pollensäcke. Die männlichen Blüten enthalten an der Spitze immer eine rudimentäre Samenanlage, die von einem ebenfalls rudimentären Brakteenpaar umgeben ist. Diese Samenanlage produziert Nektar, der zu rund 50 % aus Zucker besteht.
Die Pollensäcke öffnen sich wie bei den anderen Vertretern der Gnetopsida mit einem Exothecium in Form von oft nur kurzen Schlitzen. Bei der Welwitschie wird der Pollen beim Austrocknen der Pollensäcke durch die Anordnung der Wandverstärkungen im Exothecium nach außen gepresst.
Der männliche Gametophyt besteht aus der spermatogenen Zelle und zwei weiteren Zellen. Die spermatogene Zelle teilt sich zu zwei Spermazellen. Die Befruchtung erfolgt über einen Pollenschlauch (Siphonogamie).
Bild 8: Weiblicher Blütenstand mit reifen Früchten (jeweils ein von der Chlamys umhülter Samen)
Auch die weiblichen Blüten sind von zwei miteinander verwachsenen Brakteenpaaren umgeben. Bei der Samenreife wird das innere Brakteenpaar hart, das äußere bildet Flügel (Chlamys). Jede Blüte enthält eine aufrechte Samenanlage. Das Integument ist zu einer langen Mikropyle ausgezogen, an der ein Befruchtungstropfen, der auch als Nektar fungiert, ausgeschieden wird.
Der weibliche Gametophyt entsteht aus freien Kernteilungen aus allen vier aus der Meiose hervorgehenden Kernen und anschließender Zellwandbildung. Er kann bis zu eintausend Zellen umfassen. Es werden keine Archegonien gebildet, die Eizellen sind nicht von den übrigen Zellen des Archegoniums zu unterscheiden. Der Gametophyt wächst dem Pollenschlauch entgegen, indem er schlauchartige Strukturen ausbildet.
Bild 9: Samen mit Hülle und Flügel
Die Welwitschie wird von Insekten bestäubt, als Kandidaten werden Wanzen und Wespen diskutiert. Die Wanze Probergrothius sexpunctatis ernährt sich vom Nektar, Bestäubung wurde jedoch noch nicht eindeutig nachgewiesen. Die Blüte erfolgt vom Hochsommer bis Herbst, die Samen reifen im Frühjahr und werden durch Zerfall der Zapfen freigesetzt. Die Samen sind rund 3,5 × 2,5 Zentimeter groß und bei der Ausbreitung durch den Wind unterstützt der papierartige Flügel, der aus dem äußeren Brakteenpaar gebildet wurde.
Aus den rund 10.000 bis 20.000 Blüten, die eine große Pflanze pro Jahr bildet, entstehen mit nur 20 bis 200 Stück vergleichsweise wenige keimfähige Samen. Diese bleiben einige Jahre keimfähig und keimen nur nach stärkeren Regenfällen.
Die Samen der Welwitschie sind im Netz von verschiedenen Anbietern erhältlich. Wer es selbst versuchen möchte, erhält auf der Webseite von Herrn Bihrmann [8] eine Fülle von Informationen.
Die Welwitschie dient vielen Pflanzenfressern als Futterpflanze, so beispielsweise den Oryx-Antilopen, Zebras und Nashörner. Oryx-Antilopen reißen die Blätter vollständig aus der Hypokotylgrube heraus, wobei sie jedoch das Meristem nicht zerstören. So kann die Pflanze innerhalb einiger Jahre nachwachsen.
Kurz zur Präparation
Die Probe wurde nach einer ca. 14-tägigen AFE-Fixierung in
Möhreneinbettung auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter quer und längs geschnitten. Die Schnittdicke beträgt bei allen Schnitte ca. 50 µm. Wer möchte, findet
hier weitere Informationen zum Schnitt mit dem Handzylindermikrotom.
Gefärbt habe ich die Schnitte - nach ca. 4-stündiger Bleiche mit Chloralhydrat (250 g auf 100 ml Aqua dest.) - mit dem W3Asim II Farbstoff von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im
Downloadbereich unserer Webseite herunter geladen werden. Nach der Färbung wurde vor dem Entwässern durch häufiges Spülen mit jeweils frischem Aqua dest. sanft differenziert.
Eine ausführliche Beschreibung der W3Asim-Färbungen finden Sie auch auf unserer Webseite:
zum Artikel von Rolf-Dieter Müller.
Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.
Bilder von der Präparation (Bild 10 bis 12)
Die verwendete Technik
Alle Aufnahmen entstanden auf dem Leica DM E mit den Objektiven NPlan 5 und 40x sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich am Adapter ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit dem Programm PSRemote und der Vorschub wird manuell anhand der Skala am Feintrieb des DM E eingestellt.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Das Blatt
Zunächst betrachten wir den Blattquerschnitt in der Übersicht:
Bilder 13a-c: Blattquerschnitt von Welwitschia mirabilis, Bild 13b mit Beschriftung, Bild 13c im Polarisationskontrast, Vergrößerung 50x, Stapel aus 30 bzw. 28 Bildern
Wir sehen ein äquifaziales Blatt, in dessen Mitte geschlossen kollaterale Leitbündel in einem Parenchym aufgereiht liegen. Daran schließt sich zur Unter- und Oberseite hin ein mehrreihiges Assimilationsparenchym an, das von sklerenchymatischen Idioblasten (sklI) und Faserbündeln (Ba) durchzogen ist. Den Abschluss bildet eine einreihige Epidermis mit einer dicken Cuticula und eingesenkten Stomata.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 13b sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie hier auf unserer Webseite:
Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.
Wie wir in den Bildern 1 & 2 erkennen, sind die beiden Blätter der Welwitschie vielfach eingerissen und verdreht, somit macht ein gleichseitig (äquifazial) aufgebautes Blatt Sinn. Das mehrreihige Assimilationsparenchym erlaubt es, das einfallende Licht bestmöglich zu nutzen und die eingesenkten Stomata halten die Verdunstung niedrig.
Trotz verschiedener physiologischer Analysen auch direkt am natürlichen Standort ist noch nicht gänzlich geklärt, ob die Welwitschie sich des CAM oder C4 Mechanismus bedient oder eine den Umständen angepasste Kombination zum Tragen kommt. Wer mehr wissen möchte wird im Paper von Maik Veste und Werner Herppich fündig:
Welwitschia mirabilis - eine ökophysiologische Betrachtung [6].
Auffällig sind die vielen Kristalle, die im gesamten inneren Parenchym und auch an den Idioblasten liegen. Nur das Assimilationsparenchym und die Leitbündel- scheide sind kristallfrei, was sich an der Aufnahme im Polaristaionskontrast (13c) gut erkennen lässt. Leider lässt es sich nicht sagen, um welchen Stoff es sich handelt: sowohl Calciumoxalat als auch Äpfelsäure (Malat) und Zitronensäure sind optisch aktiv. Allerdings sollten die beiden letztgenannten bei der Präparation verschwinden, da sie recht gut wasserlöslich sind.
Schauen wir uns nun die einzelnen Bereiche des Blattquerschnitts genauer an:
Bilder 14a-c: Eines der geschlossen kollateralen Leitbündel, Bild 14b mit Beschriftung, Bild 14c im Polarisationskontrast, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 26 Bildern
Hier fällt insbesondere das Phloem auf, in dem keine differenzierten Zellen mehr erkennbar sind (Pl / Art). Der botanisierende Mikroskopiker wird immer wieder aufgefordert, seine Proben möglichst sofort nach der Entnahme von der Pflanze zu präparieren oder zumindest zu fixieren. Hier sieht man, warum: im Gegensatz zum Xylem, in dessen Zellen hauptsächlich Wasser und Mineralstoffe von den Wurzeln bis in alle Pflanzenteile transportiert wird, sind im Phloem nicht nur Stärke und Zucker, sondern auch diverse andere für die Pflanze lebenswichtige Stoffe unterwegs. Der Transport erfolgt über Konzentrationsgefälle immer dahin, wo ein Mangel herrscht, wobei die Geleitzellen eine Filterfunktion übernehmen. In diesem Gemenge kommt es beim Absterben der Probe zu Auflösung der Zellwände, jegliche Struktur geht verloren.
Bedenkt man, dass das Blattstück vor der Präparation vier Wochen unfixiert unterwegs war, ist dies ein erstaunlich geringer Schaden, der m.E. sehr für die Zähigkeit der Blätter der Welwitschie spricht.
Auch wieder schön zu sehen sind die im Pol-Bild 14c aufleuchtenden Kristallablagerungen. Diese können als Artefakte beim Austrocknen der Probe entstanden sein, oder ähnlich wie bei älteren Nadeln der Schirmtanne auch im lebenden Blatt vorhanden sein. Auffällig jedenfalls, dass die Leitbündelscheide kristallfrei ist.
Die Idioblasten sind auch wieder mit von der Partie (sklI), sie sind in der Näher der Leitbündel in der Regel quer angeschnitten.
Bilder 15a-e: Die Blattober- und Unterseite noch einmal im Detail, Bild 15a Oberseite, 15b Unterseite, 15d Polarisationskontrast, Vergrößerung 100x und 200x, Stapel aus 16, 30, 22 und 32 Bildern. Bild 15e zeigt einen Schnitt vom Großen Meerträubel zum Vergleich
Hier zeigen sich die Idioblasten auch einmal längs angeschnitten und wir sehen, dass das Assimilationsparenchym immer wieder von stabilisierenden Fasergruppen unterbrochen ist, die wir so ähnlich auch beim ebenfalls zur Ordnung Gnetales gehörenden Großen Meerträubel finden. Ebenfalls schön zu erkennen sind die in die Epidermis eingesenkten Stomata mit ihren Vorhöfen, die wir uns in den kommenden Bildern genauer anschauen.
Bilder 16a-f: Stomata der Ober- und Unterseite (natürliche Orientierung in den Aufnahmen und im Längsschnitt (16e&f), Bilder 16b,d und f mit Beschriftung. Vergrößerung 400x bzw. 200x, Stapel aus 13, 12 und 27 Aufnahmen
Oft ist der Vorhof der Stomata, die bei der Welwitschie in erstaunlich hoher Anzahl vorhanden sind, auch mit einer Art Wachs verstopft, was die Verdunstung noch weiter herabsetzt. Bei der Präparation lösen sich diese "Stopfen" in aller Regel, die Bilder 11a und b lassen die Situation jedoch erahnen. Im Längsschnitt erscheinen die Stomata hantelförmig.
Bilder 17a,b: Einer der Idioblasten im Anschnitt, Bild 17b mit Beschriftung, Vergrößerung 400x, Stapel aus 13 Bildern
Hier sieht man die Bänderung in der lignifizierten Zellwand des Idioblasten und erkennt auch, dass die umliegenden Zellen des Assimilationsparenchyms - im Gegensatz zu denen der Leitbündelscheide - nicht ganz kristallfrei sind.
Bilder 18a,b: Idioblasten im Längsschnitt, Bild 18b mit Beschriftung, Vergrößerung 100x, Stapel aus je 28 Bildern
Erst im Längsschnitt erkennt man, dass auch die Idioblasten erstaunlich groß sind und sich verästelnd bis zwischen die Leitbündel erstrecken. Die Zellen erreichen einen Durchmesser zwischen 20 und 30 µm und eine Länge zwischen 0,5 und einem Millimeter und dürften ebenfalls zur Stabilisierung des Blattes beitragen. Ein Fraßschutz kommt, wie wir oben gelesen haben, eher nicht in Betracht oder ist zumindest nicht sehr erfolgreich.
Bilder 19a,b: Faserzellen im Längsschnitt, Bild 19b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern
Die Faserzellen im Palisadenparenchym stabilisieren das Blatt in Längsrichtung so, dass es nur sehr schwer abreißen kann. Sie sind mit einer Länge von oft über einem Millimeter bei einer Breite von rund 20 µm erstaunlich lang.
Bilder 20a,b: Ein Leitbündel im Längsschnitt, Bild 20b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern
Bild 20a: Ein Leitbündel im Längsschnitt
Im Vergleich zum Querschnitt (Bilder 14a-c) sind hier die Tüpfel und die Versteifungselemente in den Tracheiden sehr schön zu erkennen. Am unteren Bildrand wieder das zerstörte Phloem.
Nachtrag 1: Flächenschnitte und Dujardin Grün Färbung
Vor einigen Wochen hat Herr Walter Nänny Proben vom Blatt der Welwitschie erhalten und daraus neben den hier schon gezeigten Längs- und Querschnitten auch Flächenschnitte erstellt. Er war so freundlich, mir zwei seiner Präparate zu überlassen, so dass ich hier auch Bilder aus dieser Schnittperspektive zeigen kann. Von ihm stammt auch der Hinweis auf einen Artikel von M. G. Sykes aus dem Jahr 1911
[9], der die Blatt- und Blütenanatomie der Welwitschie detailliert beschrieben hat.
Parallel dazu hat mich der Kontakt mit Herrn Marc Thielemans von der KAGM in Antwerpen wieder auf die von Rolf Dieter Müller entwickelte
Dujardin Grün Färbung [10] gestoßen, die er von der orginal Dujardin-Färbung abgeleitet hat. Diese stammt von Herrn Emmanuel Dujardin, der ebenfalls Mitglied der KAGM war (Mikroskosmos 1964).
Mit den Flächenschnitten, den mit Dujardin Grün gefärbten Querschnitten und dem Artikel von Sykes gelingt im Folgenden ein noch tieferer Einblick in den Aufbau der Blätter von Welwitschia mirabilis. Die Beschreibung der Blattanatomie von Sykes (Seite 180 ff.) deckt sich genau mit den Beob- achtungen an den Aufnahmen hier im Artikel.
Bild 21: Lage der Flächenschnitte
Leitbündel im Querschnitt, Färbung W3Asim II, Vergrößerung 200x mit eingezeichneten Schnittebenen
Besonders auffällig sind die verzweigten Idioblasten, die das Blatt in allen Bereichen durchziehen und somit auch in den Flächenschnitten auftauchen. Sie sind an ihren sklerifizierten Zellwänden dicht an dicht mit rautenförmigen Calciumoxalatkristallen besetzt. Weiterhin finden wir besonders im Parenchym auch einzelne Sklerenchymzellen. Eine Beobachtung, die auch Sykes schon gemacht hat:
Zitat Sykes [9], S. 181:
Small strands of the sclerenchymatous fibres referred to in the hypoderm are found in this tissue (im Parenchym, Anmerkung des Autors), and a few mucilage glands§ occasionally appear on the lower side of the leaf; large numbers of the remarkable branched '' spicular " cells occur in all regions of the leaf, some of them extending from this central tissue to the epidermis, under which they generally terminate in a hook. The spicular cells have a narrow cavity, a thick inner lignified and a thinner outer cellulose wall ; in the latter, numerous large crystals of calcium oxalate are found.
Bilder 22 - 26: Übersicht und Idioblasten
Bild 27: Die Illustration von Sykes (Seite 227, Plate 17, fig. 2) zeigt unter G rechts neben den Stoma den Kopf eines der nadelförmigen Idioplasten
Eine weitere auffällige Zellart sind die Transfusiontracheiden (TTr), die die Leitbündel in einem mehr oder weniger geschlossenen Ring umgeben und die beispielsweise auch in den Bildern 14a-c erkennbar sind.
Transfusionstracheiden? Die kennen wir aus den Nadeln der Koniferen. Und die Welwitschie? Welwitschia mirabilis gehört in die Familie der Welwitschiaceae in der Ordnung Gnetales, die in der Klasse der Coniferopsida neben den Coniferales steht, also der Ordnung der Nadelhölzer.
Ich denke, wir dürfen davon aus gehen, dass sich das Konzept der Transfusionsgewebe (Transfusionstracheiden und Transfusionsparenchym um die Leitbündel in den Nadeln der Nadelhölzer wie z.B. bei Escherich ([11] S. 211) und Braune/Lehman/Taubert ([2] S. 214 - 216) beschrieben) in ähnlicher Form auch bei den Gnetales wieder findet.
Lesen wir dazu wieder Sykes:
Zitat Sykes [9], S. 182:
Each large bundle is normally orientated and is surrounded by a well developed sheath of isodiametric or slightly elongated transfusion tracheides with lignified walls and simple or elongated pits (figs. 1 and 4, Plate 17).
Bilder 28 - 33: Transfusionstracheiden und Fasern
Bild 34: Die Illustration von Sykes (Seite 227, Plate 17, fig. 4) zeigt unter Ty Transfusionstracheiden am Rande eines Leitbündels.
Die Blätter der Welwitschie weisen eine für Gymnospermen typische Parallelnervatur auf. Zwischen diesen einzelnen Leitbündeln gibt es jedoch Verbindungen, die Sykes genau beschreibt. In der Regel wachsen zwei Nebenleitbündel aus gegenüberliegenden Strängen aufeinander zu und vereinigen sich, so dass in der richtigen Schnittebene getroffen, eine V-förmige Verbindung entsteht. Von dort zieht das Nebenleitbündel jedoch weiter Richtung Blattbasis, wo es offen endet. So eine Endstelle gibt es leider in keinem der mir zur Verfügung stehenden Schnitte, die Konjunktion war jedoch in einem der Flächenschnitte von Herrn Nänny gut zu sehen.
Lesen wir aber zunächst wieder, was Sykes schreibt:
Zitat Sykes [9], S. 181:
The vascular system, confined to the central mesophyll, consists of a number of similar parallel bundles, which at intervals give off small branches. As a rule, two of these branchlets arise simultaneously from two neighbouring bundles, and, converging obliquely towards one another, fuse; the single bundle thus formed then runs back a short distance towards the base of the leaf, and ends blindly in the mesophyll.
Bilder 35 & 36: Nebenleitbündel
Bild 37: Die Illustration von Sykes (Seite 227, Plate 17, fig. 1) zeigt zwei Leitbündel im Querschnitt, von denen das rechte nur angedeutet ist. In der Mitte die verwachsenen Nebenleitbündel
Auch sehr interessant ist die massive Cuticula des Welwitschienblattes, die eine Dicke von 15 und mehr µm erreichen kann. Wie wir schon in den Polaufnahmen Bild 15d und Bild 24 erkennen können, leuchten darin viele kleine rautenförmige Partikel auf. Schaut man bei höherer Vergrößerung hin, erkennt man eine Schichtung der Cuticula und in einer der Schichten eingebettet viele der typischen Calciumoxalat-Kristalle, die wir schon aus den Interzellularen des Parenchyms kennen.
Sykes beschreibt die Cuticula als dreilagig mit eingelagerten Calciumoxalat-Kristallen in der zweiten Lage:
Zitat Sykes [9], S. 180:
The outer wall of each epidermal cell is composed of three distinct layers, and is also incrusted with a small deposit of crystals of calcium oxalate. The innermost layer (C, fig. 2, Plate 17) stains deeply with cellulose stains; the middle layer is (B, fig. 2) of considerable thickness, is slightly cuticularised, does not stain with cellulose stains, and is impregnated throughout with minute crystals of calcium oxalate; the outermost layer (A, fig. 2) is much thinner, it does not react to cellulose or cuticular stains, and projects at the corners of the cells through the middle layer, and touches the inner cellulose wall.
Darüber hinaus zeigen die Schnitte auch sehr schön die Stomata der Welwitschie. Diese liegen eingesenkt in der Epidermis und haben einen entsprechenden Vorhof. In den gestapelten Aufnahmen wirkt es oft so, als ob dieser komplett mit Cutin verschlossen wäre, es gibt jedoch immer eine kleine Öffnung. In einigen dieser Öffnungen haben sich Pilzhypen angesiedelt (vergleiche Bild 15c). Ob dies bereits beim noch lebendigen Blatt der Fall war, kann ich jedoch nicht sagen.
Bilder 38 - 43: Cuticula, Epidermis und Stomata
Bild 42: Hier passt wieder fig. 2 der Illustration von Sykes (Seite 227, Plate 17, fig. 2). Insbesondere Stoma und Cuticula sind hier sehr detailliert gezeicnet.
Zum Schluss noch ein Blick auf die Leitbündel des Blattes mit Bildern von den Präparaten in Dujardin Grün Färbung.
Bilder 45 - 48: Leitbündel
Welwitschia mirabilis selbst anziehen?
Bisher haben wir uns mit dem Blatt von Welwitschia mirabilis beschäftigt und die Probe stammte von einer ausgewachsenen Pflanze und von der Zone, in der das Blatt langsam abstirbt. Dort ist es bereits bis zu 10 Jahre alt.
Da bleiben natürlich Fragen offen. Z.B. wie sieht ein junges Blatt im Vergleich aus? Und natürlich: wie ist es um Spross und Wurzel bestellt? Diese fragen lassen sich jedoch nicht beantworten, ohne die Probepflanze massiv zu beschädigen oder gar abzutöten. Somit war eine Probenahme in einem botanischen Garten ausgeschlossen. Was also tun?
Samen der Welwitschie sind frei im Internet erhältlich, die Anzucht ist aber durchaus kompliziert, zumal die Keimtemperatur über 32° C liegt. Auch sind die Jungpflanzen recht empfindlich und die Auskeimquote des erhältlichen Materials ist gering.
An dieser Stelle darf ich mich also für die Unterstützung durch den Botanischen Garten der TU Darmstadt und namentlich durch einen ihrer Gärtner, Herrn Werner, bedanken. Mit Unterstützung von Herrn Dr. Detlef Kramer wurde das von mir gekaufte Saatgut dort unter fachkundiger Betreuung angezogen und über zwei Jahre hinweg gepflegt. Welwitschia mirabilis wächst, zumal außerhalb der natürlichen Umgebung, recht langsam.
Von insgesamt 50 Samen sind in zwei Etappen nur 8 ausgekeimt und von den Keimlingen haben 5 Pflanzen überlebt. Zwei blieben beim Botanischen Garten Darmstadt, eine erhielt der Botanische Garten der Universität Bonn und die letzten beiden Pflanzen sind vor einigen Wochen zu mir gekommen und ermöglichen nun, die oben gestellten Fragen zumindest am juvenilen Exemplar zu beantworten.
Bilder 46a-f: Jungpflanzen
Bild 47: Eine der beiden Jungpflanzen des Autors
Altes und junges Blatt im Vergleich
Anfangen möchte ich mit einem Vergleich des Aufbaus alter und junger Blätter, also der Gegenüberstellung der schon gezeigten Schnitte mit denen einer frisch genommenen Probe von einer der Jungpflanzen.
Bild 48: Probe von einem juvenilen Blatt
Bild 49: Die Probe wurde auf dem "Tempelchen" - einem zum Tischmikrotom erweiteretn Zylindermikrotom - in Möhreneinbettung mit Leica Klingen 815 im SHK Halter geschnitten. Die Schnittdicke beträgt 50 µm.
Das junge Blatt konnte nicht freistehend geschnitten werden, da es sehr viel dünner und flexibler als ein ausgewachsenes Blatt ist.
Die Färbung ist hier wieder Dujardin Grün in einem neuen Ansatz, der etwas mehr ins Türkise zieht. Und auch an der verwendetet Technik hat sich etwas getan: die neuen Fotos sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x, den PlanApos 10x, 20x und 40x sowie dem PlanFluotar 100x entstanden, fotografiert habe ich mit einer Panasonic GX7 über den Trinotubus des Mikroskops. Die Bilder vom alten Blatt sind mit der alten Alciangrün-Lösung von Klaus ebenfalls mit Dujardin Grün gefärbt, die Aufnahmen stammen noch vom Leica DME mit der Canon PS A520 in Okularadaption.
Betrachten wir zunächst die Übersicht der gefärbten Schnitte im Hellfeld und dem Polarisationskontrast. Hier und im Folgenden immer zuerst das aus- gewachsene, dann das junge Blatt.
Bilder 50a & b: Altes und junges Blatt in der Übersicht, Hellfeld, alle Aufnahmen gestapelt
Bild 50a: Das alte Blatt in der Übersicht
Bild 50b: Das junge Blatt in der Übersicht
Bilder 51a & b: Altes und junges Blatt in der Übersicht, Polarisationskontrast, alle Aufnahmen gestapelt
Bild 51a: Das alte Blatt in der Übersicht, Polarisation
Bild 51b: Das junge Blatt in der Übersicht, Polarisation
Bilder 52a & b: Altes und junges Blatt in der Übersicht, mit Beschriftung und Maßstab
Bild 52a: Das alte Blatt in der Übersicht, mit Beschriftung und Maßstab
Bild 52b: Das junge Blatt in der Übersicht, mit Beschriftung und Maßstab
Wie zu erwarten, ist der Blattaufbau sehr ähnlich: wir finden in beiden Fällen eine dicke Cuticula mit eingelagerten Calciumoxalatkristallen als Licht- und Verdunstungsschutz, eingesenkte Stomata, eine einreihige Epidermis und dar- unter ein von stabilisierenden Faserbündeln unterbrochenes Assimil- ationsparenchym. Das Blatt ist äquifazial, was bedeutet, dass wir an der Blattunterseite den gleichen Aufbau wieder finden.
Im Schwammparenchym in der Mitte des Blattquerschnitts liegen die Hauptleitbündel und Nebenleitbündel und die Aufnahmen im Polarisationskontrast zeigen, dass auch beim jungen Blatt bereits rhomboedrische Calciumoxalatkristalle auf den Zellaussenwänden im Interzelllularraum zu finden sind - wenn auch in deutlich geringerer Dichte.
Der auffälligste Unterschied liegt bei den Idioblasten: sind diese im alten Blatt weit verzweigt und lignifiziert (rote Färbung), erscheinen sie im jungen Blatt noch klein und unverholzt. Hier kann man also davon aus gehen, dass diese Zellen erst mit dem Altern des Blattes ausdifferenzieren.
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 52a&b sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer
hier auf der Webseite des MKB in der Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.
Schauen wir uns nun einmal die Leitbündel an:
Bilder 53a & b: Leitbündel im Hellfeld, gefärbtes Präparat, alle Aufnahmen gestapelt
Bild 53a: Das Leitbündel eines alte Blattes im Hellfeld
Bild 53b: Das Leitbündel eines jungen Blattes im Hellfeld
Bilder 54a & b: Beschriftete Aufnahmen mit Maßstab zu den Bildern 53a & b
Hier finden wir keine Überraschungen: das alte Leitbündel zeigt eine höhere Differenzierung der Zellarten und der Bereich des disfunktionalen Phloems (aPL) ist wie zu erwarten deutlich größer als beim jungen Leitbündel.
Noch einen Blick auf ein Stoma und die Cuticula:
Bilder 55a & b: Stoma und Cuticula im Hellfeld, gefärbtes Präparat, alle Aufnahmen gestapelt
Bild 55a: Stoma und Cuticula eines alte Blattes im Hellfeld
Bild 55b: Stoma und Cuticula eines jungen Blattes im Hellfeld
Bilder 56a & b: Beschriftete Aufnahmen mit Maßstab zu den Bildern 55a & b
An den Stomata zeigen sich keine signifikanten Unterschiede, auffällig ist lediglich die stärkere Differenzierung der Idioblasten im alten Blatt. Und auch die Cuticula zeigt schon den bekannten dreischichtigen Aufbau mit den Calciumoxalat-Kristallen in der zweiten Schicht.
Beim jungen Blatt konnte ich erstmals auch den Blattrand mit präparieren, der durch besonders große Faserbündel stabilisiert ist:
Bilder 57a-c: Blattrand mit Faserbündeln
Zum Abschluss nun noch eine Serie von Bildern des ungefärbten, frischen Schnittes, teils mit Beschriftung und Maßstab.
Bilder 58a-f: Bilder vom frischen Schnitt des jungen Blattes
Auch auf den Bildern vom frischen Schnitt sind alle wichtigen Strukturen gut zu erkennen. Immer wieder schön die Chloroplasten in natürlicher Farbe.
Spross und Wurzel
Im dritten Nachtrag geht es um Spross und Wurzel, Gewebetypen, die nur sehr selten zu bekommen sind und zu denen es nach meinen Recherchen bisher kaum frei zugänglichen Schnittbilder im Netz gibt.
Die Proben stammen, wie das weiter oben gezeigte Material von jungen Blättern, von einer meiner beiden Jungpflanzen aus Darmstädter Aufzucht.
Präparation und Technik entsprechen den weiter oben gemachten Angaben. Gefärbt habe ich mit Dujardin Grün und W3Asim II nach Rolf-Dieter Müller, das Mikroskop ist das weiter vorne beschriebene Leica DM LS.
Beginnen wir mit dem Spross!
Bilder 59a & b: Die Jungpflanze in der Übersicht, Bild 59b mit Schnittführung
Bild 59a: Die ausgegrabene Jungpflanze in der Übersicht, am rechten Blatt fehlt schon die Probe für Nachtrag 2
Bild 59b: Die Jungpflanze mit der Schnittführung S1 bis S4
Bei Welwitschia müssen wir kurz über Spross und Hypocotyl reden. Das Hypocotyl ist der Teil der Pflanze zwischen der Wurzel und den Keimblättern. Der Spross beginnt oberhalb der Keimblätter.
Das ist bei den allermeisten Pflanzen die dem Grundbauplan mit einer Stele folgen, eine einfache Sache. Bei der Welwitschie wird das schwierig: die beiden Blätter entspringen einer Hypocotylgrube am - im Alter tellerförmig abgeflachten - oberen Ende des Stammes [6, S. 621]. Ihre Meristeme an den Blattbasen liegen gut geschützt oft ein wenig tiefer als die Keimblätter, was man auch in Bild 46f gut erkennen kann. Streng genommen kann man bei Welwitschia also eigentlich gar nicht von einem Spross sprechen.
In den Bildern 59a & b erkennen wir aber einen verdickten Teil unterhalb des Blattansatzes, der in der Regel auch oberirdisch wächst. Diesen Teil möchte ich hier als Spross bezeichnen, zumal sich sein Querschnitt (S1) deutlich von den anderen Querschnitten (S2 - S4) unterscheidet.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Leitbündelanordnung im Inneren des Sprosses:
Bilder 60a,b: Übersicht zum inneren Aufbau des Sprosses von Welwitschia mirabilis bei S1
Bild 60a: Übersicht zum inneren Aufbau des Sprosses von Welwitschia mirabilis bei S1, Dujardin Grün im Hellfeld, Stapel aus 45 Bildern
Bild 60b: Die selbe Aufnahme wie im Bild 60a, jedoch mit Maßstab und Beschriftung.
Wir erkennen einen annähernd spiegelbildlichen Aufbau mit 4 Ringen von Leitbündeln, die ich hier als Gruppen bezeichnen möchte. Jede Gruppe besteht aus 8 bis 12 einzelnen Leitbündeln, die durch ein Parenchym (Pa - von Markstrahlen möchte ich bei dieser Anordnung nicht sprechen, zumal der Spross kein zentrales Mark zeigt) voneinander getrennt sind. Sie Leitbündel selbst haben einen klassischen Aufbau aus primärem Xylem, Xylem mit Tracheen (nicht eindeutig nachzuweisen) und Tracheiden, Phloem und einer Kappe von Sklerenchymfasern (SklF). Spannen daran ist, dass die am stärksten ausgeprägten Leitbündel der Gruppen jeweils nach innen weisen.
Zwischen den vier Gruppen finden sich viele Nebenleitbündel, die teils stark verdreht sind. Diese Nebenleitbündel trennen die vier Gruppen - hier in der Horizontalen - in zwei Bereiche, zwischen denen in der Vertikalen keine Nebenleitbündel zu finden sind. Ein Detail, auf das wir später beim Hypocotyl und der Wurzel noch zurück kommen.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 60b sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer
hier auf der Webseite des MKB (Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen).
Es wäre interessant zu sehen, wie die Anordnung der Leitbündel im älteren Spross organisiert ist. Ob sich dann spiegelbildlich weitere Gruppen anreihen? Spärliche Hinweise in der Literatur legen dies nahe. Leider gibt es in den Weiten des Internets keine frei zugänglichen mikroskopische Bilder vom Spross der Welwitschie - oder ich war nicht geschickt genug, sie zu finden.
Wie sieht der Spross nun am Rand aus? Das zeigen uns die folgenden Bilder.
Bilder 61a-d: Spross der Welwitschie mit Abschlussgewebe
Der Spross war zum Zeitpunkt der Präparation gut zweieinhalb Jahre alt, wir finden also ein Periderm mit einer Korkschicht (Phellem) als Abschlussgewebe. Auch eine Anpassung an die Trockenheit der Namib, da der Kork isoliert und die Verdunstung herab setzt. Phellogen und Phelloderm lassen sich hier nicht klar vom dahinter liegenden Parenchym unterscheiden.
Wie in den Blättern finden wir auch im Rindenparenchym des Sprosses einige sklerenchymatischen Idioblasten und weiter im inneren die eben ange- sprochene Struktur aus Leitbündeln und Nebenleitbündeln.
Werfen wir nun einen Blick auf eine der Leitbündel-Stelen:
Bilder 62a-e: Eine Leitbündel-Stele im Detail
Wie oben schon beschrieben, bestehen die einzelnen Bündel in der Abfolge von Innen nach Außen aus einem primären Xylem, gefolgt vom Xylem, dem Phloem und einer Kappe aus Sklerenchymfasern. Im Inneren liegt kein Markparenchym sondern weitere Faserzellen und einfache Parenchymzellen. Im Gegensatz zu allen anderen Pflanzen in der Gruppe der Coniferopsida soll das Xylem der Welwitschia mirabilis über Tracheen verfügen. Diese sind hier aber nicht zweifelsfrei nachzuweisen.
Die Pol-Aufnahmen lassen auch kleine Caliumoxalat-Kristalle erkennen, die wie im Blatt außen auf den Zellwänden aufliegen.
Bilder 63a-e: Einzelne Leitbündel
Nun zu Hypocotyl und Wurzel
Nach diesem schon recht ungewöhnlichen Sprossquerschnitt versuchen wir uns nun an der Wurzel. Zunächst dachte ich, die Schnittebene S2 würde bereits die Wurzel zeigen, doch der Querschnitt hat viel mehr Ähnlichkeit mit dem Spross, es fehlen eigentlich alle Features, die auf eine Wurzel hin weisen. Wie oben schon andiskutiert, sind wir hier ja auch noch im Hypocotyl unterwegs. Also mit S3 noch tiefer geschnitten und - ätsch, das gleiche Bild. Es kristallisieren sich aber immer deutliche zwei Gruppen heraus, wie sie auch von Sykes beschrieben werden [9, S. 211 unten].
Also noch weiter unten ... S4 ist dann ein Schnitt unterhalb der ersten abzweigenden Nebenwurzel. Und auch der birgt Überraschungen ...
Bild 64a: Hypocotyl auf Schnittebene S2, Dujardin Grün, Stapel aus 75 Bildern
Bilder 64b-d: Hypocotyl auf Schnittebene S2
Alles etwas kleiner, nur noch zwei Gruppen und weniger Nebenleitbündel, aber ansonsten das gleiche Bild wie beim Spross - inklusive Abschlussgewebe.
Zitat Sykes [9], S. 211:
In Welwitschia the traces of cotyledons, young leaves, bracts, and flowers have a double origin from two separate bundles of the stele of the axis. Their origin thus differs from that of the double leaf-trace so characteristic of most Gymnosperms, which arises from a single bundle of the axis, and branches into two during its course through the cortex.
Bild 65a: Hypocotyl auf Schnittebene S3, Dujardin Grün, Stapel aus 80 Bildern
Bilder 65b-f: Hypocotyl auf Schnittebene S3
Grundsätzlich unverändert, aber hier sehen wir nur noch die zwei von Sykes beschriebenen Gruppen mit einer schleifenartigen Anordnung von je zwei gegenüberliegenden Leitbündeln, die sich am primären Xylem berühren. Es gibt keine Nebenleitbündel mehr. Aber es schaut noch immer nicht nach einer Wurzel aus ...
Also noch ein Schnitt auf Ebene S4, wie gesagt unterhalb der ersten großen Nebenwurzel.
Bilder 66a-b: Wurzel auf Schnittebene S4
Bilder 66a: Wurzel auf Schnittebene S4, W3Asim II, Stapel aus je 76 Bildern
Bild 66a: Die selbe Aufnahme wie im Bild 66a, jedoch mit Maßstab und Beschriftung.
Was soll ich sagen? Für mich schaut das noch immer nicht nach einer - nicht mal tertiären - Wurzel aus, eine Endodermis ist zum Beispiel nicht zu erkennen. Nur die zwei Leitbündelgruppen setzen sich weiter fort.
Hier muss ich passen: mir fehlt eine vergleichende Beschreibung oder Schnittbilder älterer Arbeiten. Handelt es sich hier um eine Besonderheit bei Welwitschia oder hätte ich noch tiefer schneiden müssen? Wenn jemand Zugriff auf entsprechende Literatur hat würde ich mich sehr freuen, wenn er sich z.B. über
info(at)mikroskopie-bonn.de meldet.
Der Blattansatz
Eines fehlt nun aber noch: ein Längsschnitt durch den Blattansatz mit den beiden Blattbasen und deren Meristemen. Zunächst ärgere ich mich maßlos, dass ich beim Zurichten der Probe keine Makroaufnahmen gemacht habe. Das Bild der grünen Blätter in ihren Hypocotylgruben aus weisslichem Gewebe hätte ich sehr gerne gezeigt. (Update 31.05.2018) Hier konnte ich mit der zweiten Präparation nachlegen, siehe das neue Bild 67e.
Im Handzylindermikrotom konnte ich einen Schnitt machen, dann war ich am Anschlag. Leider war der Schnitt als Begradigungsschnitt gedacht und ist zu dick. Aber man muss nehmen, was man hat.
Die Probe ist aber mittlerweile fixiert und ich werde eine Kollegin oder einen Kollegen vom MKB darum bitten, Paraffinschnitte zu machen. Geneigte Leser dürfen also mit einer Fortsetzung rechnen.
Hier die Bilder:
Bild 67a: Wachstumsfurchen der Blätter von Welwitschia mirabilis, Dujardin Grün, Stapel aus 60 Bildern
Bilder 67b-d: Wachstumsfurchen der Blätter von Welwitschia mirabilis
Bild 67e: Makro vom Blattansatz im Längsschnitt
Erweiterung vom 01.12.2018
In den Bildern 67 hatte ich im April ja einige sehr grobe Schnitte zu den Hypokotylgruben gezeigt. Im Sommer dann war Marion Schemann vom MKB so nett, die verbliebenen Proben für einen Paraffinschnitt auf dem Rotationsmikrotom vorzubereiten und am 01.11. war es so weit: ich durfte unter ihrer Anleitung schneiden, das Strecken und Aufziehen hat sie selbst übernommen. Zuhause angekommen, habe ich die Schnitte dann zu Ende präpariert. Hier kurz das Protokoll:
- Aufgezogene Schnitte im Färbetrog mit Xylol gespült,
um das Paraffin zu entfernen
- Stufenweises Anfeuchten durch Spülungen mit Isopropanol,
Ethanol 70%, 50%; 30% , Aqua dest.
- Durchführung der Färbung im Trog:
W3Asim I Lösung 1:30 verdünnt mit Aqua dest. für 60 Minuten
- Spülen mit Aqua dest. im Trog
- Entwässern mit Isopropanol rein im Trog, 2 * wechseln
- Entwässern mit Isopropanol rein (mehrfacher Wechsel, auf dem OT)
- Eindecken mit Euparal
Die Färbedauer von 60 Minuten war hier zu kurz, die Farben sind etwas blass. Die doppelte Zeit oder mehr wäre angebracht gewesen.
Trotz Allem sind die Schnitte gut geworden und machen sogar eine Korrektur im Vergleich zu den alten Bildern nötig.
Bild 67f: Präparate im Färbetrog
Bild 67g: Hypokotylgruben in der Übersicht, Aufnahmen gestapelt
Bild 67h: Die Aufnahme 67g mit Beschriftung
Wir sehen die beiden Hypokotylgruben, aus denen die zwei Blätter der W. mirabilis entspringen. Darunter, im Bild unten rechts, die wild durcheinander verlaufenden Leitbündel, die sicher stellen, dass jedes Blatt aus beiden Leitbündelsträngen der Wurzel versorgt wird. In der Mitte zwischen den Blättern die Krone oder der Grat: das Gewebe zwischen den Blättern, aus dem die Blütenstände entspringen. Am basalen Ende der beiden Blätter finden wir Bereiche, in denen sehr viele kleine Zellen dicht an dicht liegen, was auch schön an den Zellkernen zu erkennen ist. Dies führt mich zur angekündigten Korrektur: die Meristeme (Mer), die für das stetige Wachstum der Blätter sorgen, liegen meines Erachtens somit nicht wie oben unter den Bildern 44 beschrieben, am Fuß der Blätter, denn dort finden wir einfache Parenchymzellen, die keine erhöhte Teilungstätigkeit zeigen.
Auch wieder mit dabei: die Sklerenchym-Idioblasten mit den aufliegenden Calciumoxalat-Kristallen, die wir uns nachher noch einmal ansehen.
Schauen wir uns zunächst das basale Ende eines Blattes mit dem Meristem etwas genauer an:
Bilder 67i-l: Basales Blattende mit Meristem und Leitbündel
Das meristematische Gewebe ist schön an den vielen kleinen Zellen zu erkennen. Dort findet das Blattwachstum durch immer währende Teilung statt. Welwitschia kann über 2000 Jahre alt werden und die Blätter wachsen ständig. Die Bilder 67i&j zeigen ein Leitbündel, dass diesen Bereich durchquert, um die Versorgung des Blattes sicher zu stellen. Auch hier muss ein entsprechendes Wachstum stattfinden.
Bilder 67m,n: Leitgewebe unterhalb der Hypokotylgrube
In dem Gewirr ist an einer Stelle eine Zellgruppe zu erkennen, die auf Tracheen hinweisen könnte (Tr?), eine Besonderheit bei Welwitschia mirabilis, da diese eigentlich in dieser Ordnung nicht zu erwarten sind.
Die Krone kann durchaus aus geteilten Lappen bestehen und am Rande des Stammes in den Spalt zwischen beiden Blättern hinein ragen:
Bilder 67o-t: Geteilte Krone und Rand, Bilder 49b,d&f mit Beschriftung
In den ersten vier Bildern sehen wir eine geteilte Krone, die sich überlappt. Der Pfeil in Bild 49d weist auf ein Abschlussgewebe, es handelt sich also nicht nur um einen Riss im Schnitt wie im Blatt unterhalb. Die Bilder 49e&f hingegen zeigen eine Situation, wie sie am Rand des Stammes auftreten kann: die Krone ragt in die Lücke zwischen beiden Blättern hinein, die sich darunter fast berühren.
Trotzdem wir hier nicht mehr direkt in die Hypokotylgruben schauen: auch in diesem Abschnitt weisen die Blätter meristematisches Gewebe auf - erkennbar an den kleinen Zellen.
Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf die sklerenchymatischen Idioblasten, die wir auch aus den adulten Blättern kennen.
Bild 67u: Sklerenchymatische Idioblasten im Querschnitt
Bild 67v: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Die Aufnahme ist mit parallelen Polfiltern entstanden, sodass sich die rautenförmigen Calciumoxalat-Kristalle schön abheben.
Was sagt die Literatur
Während sich die Beschreibung der Blattanatomie von Welwitschie mirabilis z.B. bei Sykes [9] sehr gut mit meinen eigenen Beobachtungen deckt und im Falle der Cuticula erst zu korrekten Fotografien geführt hat, sieht das bei Spross und Wurzel ganz anders aus. Die von mir im unteren Hypocotyl beobachteten zwei Leitbündelringe sind bei Sykes noch belegt, aber dann wird es seltsam.
Im Band Gymnosperms [11] ist die tertiäre Wurzel mit einem runden Zentralzylinder beschrieben, der einen polyarchen Kern zu haben scheint, welcher von einem Ringförmigen Cambium umgeben ist, an dessen Außenseite wieder ringförmig sekundäres Xylem und Phloem eingezeichnet ist. Das ganze wird von einer Endodermis abgeschlossen. Ein Cambium zwischen primärem und sekundärem Xylem? Hier liegt mindestens ein Beschriftungsfehler vor ... (S.512). Die für Welwitschia in allen anderen Beschreibungen typischen inselförmigen sukzessiven Leitgewebe kommen nicht vor, obwohl über den Ursprung der dafür nötigen Meristeme ganze Arbeiten geschrieben wurden (Rodin 1958, liegt mir leider nicht vor).
Und dann der Spross ... Hier kommt der Artikel "Secondary growth and wood histology of Welwitschia" [10] ins Spiel. Die Untersuchungen wurden hauptsächlich an unterschiedlich alten, tertiären Wurzeln, meist knapp unterhalb des Hypocotyls gemacht (Zwei Sämlinge, zwei ältere Pflanzen, die älteste mit einem Wurzeldurchmesser von rund 4 cm). Der Spross wurde nicht untersucht aber vom Sekundären Wachstum der Wurzel auf das des Sprosses / Hypocotyls geschlossen. Beide Gewebe werden mit im Parenchym eingelagerten Leitgewebeinseln wie bei Sykes beschrieben. Aber immer radialsymetrisch und nicht in der Form wie von mir beobachtet.
Für mich ist das alles sehr seltsam, zumal mir Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Andererseits zeigen die Bilder 46f und 59a&b schon einen deutlichen Unterschied in der Dicke des Sprosses meiner beiden Pflanzen. Ob der dünnere der noch lebenden zweiten Pflanze (46f) einen eher der Literatur folgenden Querschnitt hat? Und wenn dem so ist: unterscheiden sich die mittlerweile zwei anerkannten Varianten von W. mirabilis im Sprossaufbau? Ich werde versuchen, das heraus zu bekommen ...
Kurzes Update vom 21.05.2018:
Inzwischen bin ich in Kontakt mit Prof. Sherwin Carlquist, einem der Autoren des Papers Secondary growth and wood histology of Welwitschia, der mir dankenswerter Weise jede Menge Hinweise auf weitere Literatur gegeben hat. Auf Seiner Website kann der Artikel [10] mit gute Bildqualität herunter geladen werden. Auch habe ich die zweite Probepflanze nun präpariert, mit gleichem Ergebnis wie bei der Ersten.
Der Verlauf der Leitbündel im Hypocotyl und Spross von Welwitschia ist recht komplex, aber in P. Martens Band Les Gnétophytes aus der Enzyklopädie der Pflanzenanatomy gibt es in der Abbildung Fig. 59 auf Seite 106 mit den Nummern G und H Querschnitte, die ziemlich exakt der Leitbündelanordnung entsprechen, die auch meine Schnitte zeigen.
Prof. Carlquist hat auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung des alten Begriffes Stele nicht angebracht ist, der Artikel wird also mit dem kommenden Update überarbeitet.
An dieser Stelle schon einmal herzlichen Dank an Sherwin Carlquist für seine Unterstützung.
Das Rätsel war schon lange gelöst - Leitbündelverlauf im Hypocotyl
Update vom 01.06,2018
Auf Empfehlung von Prof. Carlquist habe ich für sehr kleines Geld den Band "Les Gnétophytes" aus der Encyclopedia of Plant Anatomy von P.Martens [13] besorgt. Ein wunderschönes Buch in Leinen mit Goldprägung, aber leider in französischer Sprache, der ich nicht mächtig bin. Die Illustrationen sind jedoch zweisprachig in Französisch und Englisch beschriftet und so bin ich im Kapitel 1.2 Welwitschiales mit Fig. 59 auf Seite 106 fündig geworden. Dort dargestellt ist eine Serie von Querschnitten durch Wurzel, Hypocotyl und Spross einer jungen Welwitschia mirabilis und die Schnitte F, G und H zeigen schön die Situation, wie ich sie auch in meinen Schnitten vorgefunden habe:
Bild 68: Fig. 59 aus Les Gnétophytes, P. Martens, 1971 [13] - Leitbündelverlauf in Wurzel, Hypocotyl und Spross von Welwitschia mirabilis
Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich auch von meiner zweiten Pflanze Schnitte angefertigt, die den Leitbündelverlauf bestätigen. Hier war Einiges an Literatur-Recherchen notwendig und ohne den abschließenden Hinweis von Prof. Carlquist wäre ich sicher nicht fündig geworden. Erwähnen möchte ich noch, dass er, gemeinsam mit den Professoren W. Zimmermann, P. Ozenda und D. Wulff zu den Herausgebern der Encyclopedia of Plant Anatomie gehört.
Zur Ergänzung und zum Abschluss im Folgenden nun einige ausgewählte Bilder von der zweiten Pflanze.
Bild 69: Die zweite Pflanze mit den Schnittführungen analog zu Bild 59b
Wie Bild 69 zeigt, ist die zweite Pflanze deutlich schlanker als die Erste. Der Leitbündelverlauf ist, wie oben schon angesprochen, der gleiche. Bei der Präparation habe ich diesmal durchgängig mit W3Asim II gefärbt, um ggf. noch neue Details zu entdecken, die bei der Dujardin Grün Färbung verborgen geblieben sein könnten. Dies war jedoch nicht der Fall.
Wie bei Sykes [9] und im Band Les Gnétales [13] beschrieben, versorgen die zwei von der Wurzel aufsteigenden Leitbündelgruppen jeweils beide Blätter der Welwitschie. Daher kommt es im Hypocotyl zu einer Kreuzung, was auch die Orientierung der einzelnen Leitbündel erklärt.
Bilder 70 a -h: Ausgewählte Bilder von den Querschnitten der zweiten Probepflanze
Literatur und Links
[1] Pflanzenanatomie
Katherine Esau; Verlag Gustav Fischer, 1969
(S. 75, 185, 311 & 343)
[2] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007.
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Wacker für Alle
W3Asim Färbungen von Rolf-Dieter Müller, MKB 2011
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[6] Welwitschia mirabilis - eine ökophysiologische Betrachtung
Paper von Maik Veste und Werner Herppich
Naturwissenschaftliche Rundschau | 61. Jahrgang, Heft 12, 2008
(pdf, 250 kB)
[7] Gnetidae: Ihre Blüten und die Verwandtschaft zu den Blütenpflanzen
Paper von Thomas Stützel und Iris Mundry
Ruhr-Universität Bochum
(pdf, 25 MB)
[8] Welwitschia mirabilis
Informationen zur Welwitschie und ihrer Anzucht auf der
Webseite von Herrn Bihrmann.
Auf der Seite verlinkt ist eine sehr ausführliche PDF Datei.
[9] The anatomy and morphology of the leaves and
inflorescences of Welwitschia mirabilis
M. G. Sykes, Philosophical Transactions of the Royal Society of London,
Series B 201: Seiten 179-226, 1911
[10] Secondary growth and wood histology of Welwitschia
SHERWIN CARLQUIST F. L. S.' AND DAVID A. GOWANS
BotanicalJournal of the Linnean Society (1995), 118:
S. 107-121. With 22 figures
[11] Botany for Degree Students - Gymnosperms
Vasishta, Sinha, Kumar
S. Chand, Reprint 2016 (S. 509 ff.)
[12] Dujardin Grün - eine alte Färbung für botanische Schnitte
im neuen Gewand
Rolf-Dieter Müller, MKB, 2011
[13] Les Gnétophytes
Encyclopedia of plant Anatomy
P. Martens
Verlag Gebrüder Bornträger, 1971
ISBN 3 443 14005 X
Bildquellen
- Bild 1: Welwitschie im Freiland
Aus Wikipedia, User Nanosanchez, CC BY-SA 3.0
- Bild 2: Eingezäunte Welwitschie
Aus Wikipdedia, Thomas Schoch, CC BY-SA 3.0
- Bild 4: Illustration
Quelle nicht bekannt
- Bild 5: Illustration von W. Fitch
Aus Curtis’s Botanical Magazine, vol. 89, 1863
public domain
- Bild 6: Männliche Blütenstände
Aus Wikipedia, User Roweromaniak, CC BY-SA 2.5
- Bild 7: Männliche Blüten
Aus Wikipedia, Humbold State University Californien, CC BY-SA 3.0
- Bild 8: Weibliche Blütenstände
Aus Wikipedia, Hans Hillewaert, CC BY-SA 4.0
- Bild 9: Samen mit Hülle und Flügel
Aus Wikipedia, User Amanda44, CC BY-SA 3.0
- Bilder 27, 34, 37 & 44: Illustrationen von M. G. Sykes
Philosophical Transactions of the Royal Society of London
Tafel 17, 1911
- Bild 68: Leitbündelverlauf in Wurzel, Hypocotyl und Spross
Les Gnétophytes - Encyclopedia of Plant Anatomy
P. Martens
Gebrüder Borntraeger, 1971
Fig. 59, Seite 106
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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