Das MKB erzielt mit den oben gezeigten Bannern keinerlei Einnahmen.
AVEC DIC - Allen Video Enhanced Contrast DIC
Jörg Weiß, vom 22.03.2011
1981 veröffentlichten Robert Day Allen at al einen Aufsatz über die Beweglichkeit der netzartigen Scheinfüßchen (Reticulopodien) der maritimen Foramifere Allogromia laticollaris.
Mit den klassischen Kontrastfverfahren waren im Lichtmikroskop (DIC) gerichtete Bewegungen cytoplasmatischer Partikel in den sich immer wieder neu arrangierenden Netzen der Reticulopodien erkennbar, die sich nicht durch Plasmaströmungen erklären ließen. Die Grundlagen dieser auch gegenläufigen Bewegungen konnten jedoch mit den bisher eingesetzten Verfahren nicht erforscht werden, da sie unterhalb deren Auflösungsgrenze liegen.
Allogromia laticollaris unter dem Lichtmikroskop und dem Elektronenmikroskop
Um nun das Auflösungsvermögen zu erhöhen, setzte das Team von Allen eine hochauflösende Videokamera mit einem sehr hohen Dynamikumfang ein. Diese wurde mit einem nachgeschalteten Signalprozessor kombiniert, mit dem das Videosignal geeignet verstärkt und störende Signalanteile ausgefiltert werden konnten. Im Ergebnis erhielt die Arbeitsgruppe Schwarzweiß-Bilder mit einer Vergrößerung um 10.000 : 1.
Dies entspricht einer um eine Größenordnung höheren Auflösung und erlaubte die Beobachtung der Transportvorgänge am lebenden Objekt. Hier liegt der Vorteil zur Betrachtung mit dem Elektronenmikroskop, das zwar deutlich höhere Vergrößerungen ermöglicht, aber nur statische Bilder liefert, da das Untersuchungsobjekt im Rahmen der notwendigen Präparation unweigerlich abgetötet wird.
Was war nun zu sehen? Der Transport der Zellorganellen in den Scheinfüßchen erfolgte aktiv entlang der Microtubuli des Zellskeletts, die sich dazu immer wieder mit erstaunlicher Geschwindigkeit neu arangierten. Diese Beobachtung zwang dazu, das bis dahin herrschende Bild eines statischen Cytoskeletts zu revidieren. Tatsächlich erfolgen alle gerichteten Transportvorgänge von Zellorganellen in der Zelle mit Hilfe der Mikrotubuli des Zellskeletts. Zum Beispiel werden so Mitochondrien zu Stellen mit erhöhtem Energiebedarf transportiert.
Und die technische Grundlage? Zwei Punkte können dann getrennt wahrgenommen werden, wenn ihr Abstand größer als der Radius ihrer Beugungsscheiben ("Airy´schen Beugungsscheibchen") in der Zwischenbildebene ist. Bei kleineren Abständen verschwimmen beide Punkte ineinander und sind nicht mehr einzeln wahrnehmbar. Mit entsprechender Verstärkung und Filterung des Videosignals einer Kamera mit hohem Dynamikumfang und hoher Lichtempfindlichkeit lässt sich diese Bedingung quasi durch Manipulation der Intensitätsverteilung der Beugungsscheibchen unterlaufen. Somit ist eine deutlich höhere Auflösung erreichbar und es werden Strukturen sichtbar, die mit bloßem Auge am Okular nicht erkennbar wären.
Mehr dazu finden Sie in einem Artikel von Holger Adelmann in unserem Downloadbereich: "Partikeltransport an cytoskeletalen Strukturen in Drosophila hydei Spermatocyten - Eine hochauflösende Lichtmikroskopiestudie mit videokontrastverstärktem (VEC) DIC" [1].
Die hier beschriebenen faszinierenden Transportvorgänge in der lebenden Zelle lassen sich beispielsweise auch an den Zellen eines Zwiebelhäutchens beobachten. Wichtig ist möglichst frisches Material, da die Mobilität der Zellstrukturen bei älteren Proben schnell nachläßt.
Natürlich braucht man einen gewissen "Gerätepark", der uns bei Holger Adelmann für eine Vorführung zur Verfügung stand. Der Aufbau im einzelnen: Leitz Orthoplan mit Leitz DIC (Interferenzkontrast T mit Sénarmont Kompensator im Kondensor, der exakt und reproduzierbar die Einstellung einer Verzögerung von Lambda/9 (20° aus der max. Auslöschungsposition) ermöglicht), Kamera und Signalprozessor von Hamamatsu: s/w CCD Kamera C2400-75i und Argus-20TM Image Prozessor, Digitalisierung über Dazzel DVC 100 und Darstellung über ein PC System. Wichtig ist auch eine ausreichend starke und sehr gut stabilisierte Beleuchtung, da Helligkeitsschwankungen des Beleuchtungssystems das Ergebnis deutlich verschlechtern.
Eine Konfiguration zum AVEC DIC auf Basis des Leitz Orthoplan
Die Präparation des Zwiebelhäutchens erfolgt nach der bekannten, vielfach beschriebenen Methode [3] in Leitungswasser. Somit ist sicher gestellt, dass die Zellen noch eine gute Weile am Leben bleiben.
Zunächst wird ohne VEC nach einer interessanten Stelle im Präparat gesucht. Diese findet man oft im Zellplasma in der Nähe des Zellkerns. Anschließend lassen sich nach Justierung und Filterung mittels der VEC-Einrichtung die folgenden Beobachtungen machen:
Einzelbilder aus AVEC Filmen: Mitochondrien und Endoplasmatisches Reticulum aus den Spermatocyten von Drosophila hydei.
Eine Filmsequenz aufgenommen mit ACEC DIC (Zelle eines Zwiebelhäutchens von der Schalotte - Allium hierochuntinum )
Das Video läuft in einer Endlosschleife (Dauer 52 Sekunden) und zeigt den Transport von Zellorganellen entlang der Mikrotubuli des Cytoskeletts. Es ist schön zu erkennen, dass das Cytoskelett keine statische Struktur ist, sondern dauernder Veränderung unterworfen ist.
Filmsequez zur Justierung des AVEC - DIC Bildes (Ebenfalls ein Zwiebelhäutchen von Allium hierochuntinum)
Auch dieses Video läuft in einer Endlosschleife mit einer Laufzeit von 69 Sekunden. Die einzelnen Einstellungschritte sind:
1. Analoge Kontrastverstärkung durch abwechselndes Verstellen der Offset und
Gain Regler am Argus-20
2. Einstellen auf den Hintergrund
3. Echtzeit-Hintergrundsubtraktion mit dem Argus-20
4. Digitale Kontrastverstärkung des Resultats der Subtraktion im Argus-20
Literatur
[1] Video-enhanced contrast differential interference contrast
(AVEC-DIC) microscopy:
A new method capable of analyzing microtubule-related motility
in the reticulopodial network of Allogromia laticollaris
Allen, R. D., N. S. Allen, J. L. Travis, Cell Motility 1:291-302 (1981)
[2]Partikeltransport an cytoskeletalen Strukturen in Drosophila hydei
Spermatocyten -
Eine hochauflösende Lichtmikroskopiestudie mit videokontrast-
verstärktem (VEC) DIC
Prof. Holger Adelmann, Leitz Mitteilungen für Wissenschaft und Technik
Vol XI (3), 1996, S. 84 - 89
[3] Präparation eines Zwiebelhäutchens
Bruno P. Kremer, Das große Buch der Mikroskopie, Erste Auflage 2002,
S. 60 ff.