Das erste Dörnberg-Treffen
Helfensteine, vom 06. bis 09.09.2013
In diesem Herbst hatte das Organisationsteam Horst Dieter Döricht und Wolfgang Grigoleit, seit dem Sommer erweitert um Heike Buch- mann, wieder zum Mikro- skopie-Treffen nach Kassel geladen. Wegen einer Jubiläumsfeier konnten wir diesmal nicht wie im letzten Jahr im Meissnerhaus auf dem Hohen Meissner unter kommen und so fand das Treffen im
Zentrum-Helfensteine am Dörnberg nahe dem namensgebenden Naturdenkmal statt.
Das Zentrum Helfensteine liegt in den Gebäuden der ehemaligen Landes- jugendherberge Hessen und bietet sehr gut ausgestattete Seminarräume und bequeme Zimmer. Mit dem Restaurant Café Eden war aber auch für unser leibliches Wohl bestens gesorgt. Hier schon einmal herzlichen Dank an den Betreiber Herrn Reinhart und das freundliche Team vom Eden. Insgesamt also ideale Bedingungen für ein gelungenes Wochenende am Mikroskop und in der freien Natur des
Naturparks Habichtswald.
Inhalt
Ankunft
Ab Freitag Mittag war es so weit: nach mehr oder weniger langer Fahrt trafen die ersten Kolleginnen und Kollegen im Naturpark Habichtswald ein, nur um das Organisationsteam schon bei den Aufbauar- beiten im Seminarraum vorzufinden. Schnell waren die gemütlichen Zimmer bezogen und der eigene Arbeitstisch belegt. Danach ging es zu unserem ersten Mittagessen ins Restaurant Café Eden, wo wir bei allerbestem Wetter auf der Sonnenterrasse sitzend schon einen Blick auf den Helfenstein werfen konnten.
Neben diversen Methoden zum Abhalten der reichlich vorhandenen gelb-schwarzen Mitesser (Vespula spec.) wurden natürlich auch erste mikroskopische Fragestellungen diskutiert und Pläne für die kommenden Tage geschmiedet.
Es geht los!
Zu den Helfensteinen!

Der Helfenstein ist eine etwa 510 Meter hohe Felsforma- tion im nördlichen Vorfeld des Dörnbergs. Wie dieser gehört er zum „Habichts- wälder Basaltbergland“. Den Hauptbestandteil des Dörn- bergmassivs bilden vor allem Muschelkalke. Diese sind teilweise noch überdeckt von tertiären Tonen, Sanden und Quarziten. Die heutige Mittelgebirgslandschaft ent- stand vor allem durch basaltische Eruptionen in der Tertiärzeit, die den tiefer liegenden Bund- sandstein durchbrachen.
Die auf dem Gipfel des Helfensteins sichtbaren 3 Gruppen von Säulenbasalten wurden im Laufe der Zeit durch Erosion frei gelegt. Es handelt sich um die Reste von Aufstiegskanälen, von denen einige im umgebenden Tuff stecken geblieben sein mögen, ohne die Oberfläche zu erreichen.
Die so entstandene markante Kuppe war in keltischer Zeit ein Naturheiligtum und stand in enger Verbindung zu einer großen keltischen Siedlung auf dem Gipfel des Dörnbergs, die in den letzten Jahren von Archäologen der Universität Mainz ausgegraben und kartografiert wurde.
Zum Zeitpunkt unseres Besuches war der Gipfel Kulisse für eine Filmproduktion, so dass wir zumindest die massive süd-östliche Kuppe nicht betreten konnten. Die beiden nordwestlich gelegenen Basaltgruppen auf dem Gipfel haben wir uns jedoch angesehen und so das schöne Wetter am Freitag Nachmittag genutzt.
Spaziergang auf den Helfenstein
Botanische Schnitte
Nach dem kleinen Ausflug auf den Helfenstein wieder zurück im Seminarraum, konnten wir feststellen, dass zwischenzeitlich fast alle erwarteten Kolleginnen und Kollegen eingetroffen waren. Getrennt durch das Abend- essen standen nun die ersten mikroskopische Work- shops auf dem Programm: Schneiden, Färben, Legen oder die Erstellung Botanischer Dauerpräparate aus frischem Probematerial.
Verarbeitet wurde unter anderem der Gemeine Dost, das auch als Oreganum bekannte Gewürz (Origanum vulgare), von dem es in einem kleinen Kräuterbeet vor dem Seminargebäude reichlich gab. Die Präparation fand in kleinen Gruppen rund um Rolf-Dieter Müller und Jörg Weiß statt und wie bei diesen Workshops üblich konnte am Ende jeder Teilnehmer mehrere selbst erstellte Präparate auf der Heizplatte zum Trocknen ablegen.
Schneiden, Färben, Legen ;-)
Nun aber zum Dost
Der Gemeine Dost (Origanum vulgare) ist eine Pflanzenart in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae), die auch als Oregano, Dorst, Echter Dost, Wohlgemut oder Wilder Majoran bekannt ist. Sie wird als Gewürz- und Heilpflanze verwendet.
Beim Oregano handelt es sich um eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 20 bis 70 cm erreicht. Charakteristisch ist ihr ausgeprägter herb aromatischer Duft und Geschmack. Aus einem oft etwas holzigen Rhizom treibt der aufrecht wachsende, vierkantige und von Grund an gabelig verzweigte Stängel, der am Grunde dunkel violett gefärbt ist. Er weist, ebenso wie die oft rötlich überlaufenen Zweige, eine leichte Behaarung auf. Die bis zu 45 mm langen Laubblätter stehen gegenständig am Spross und der ebenfalls leicht behaarte Blattrand ist gladrandig bis leicht gesägt.
Die weiß bis blass rosa gefärbten Blüten sind fünfzählig und stehen in end- und seitenständigen Scheinrispen. Die Blütezeit reicht von Juli bis September.

Origanum vulgare in einer Illustration aus 'Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz', Gera 1885, von Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé. Zur Verfügung gestellt von Kurt Stüber (www.biolib.de) unter GFDL.
Die frischen Stücke vom Gemeinen Dost wurden auf dem Handzylindermikrotom mit Einmalklingen im SHK Halter oder auf dem Haga Kastenmikrotom geschnitten und anschließend für ca. 20 Minuten in AFE fixiert. Nach dem Spülen in Ethanol 70% und der Überführung in destilliertes Wasser konnte gefärbt werden. Dabei kam diesmal die W3A Dreifachfärbung nach Robin Wacker oder die darauf aufbauenende Simultanfärbung W3Asim II von Rolf-Dieter Müller zum Einsatz.
Nach dem Wässern und Überführen in reines Isopropanol wurden die gefärbten Schnitte dann in Euparal eingedeckt. Die so erstellten Präparate können nach ca. einer Woche Trockenzeit beschriftet und in den üblichen Aufbe- wahrungskästen senkrecht gelagert werden.
Anleitungen zu Schnitt und Färbungen können im
Downloadbereich unserer Webseite heruntergeladen werden.
Der Gemeine Dost makroskopisch und mikroskopisch
Die Legende zu den beschrifteten Mikroaufnahmen kann
hier auf unserer Web- seite eingesehen und im
Downloadbereich auch herunter geladen werden.
Auf dem Alpenpfad
Zwischen dem Dörnberg, den Helfensteinen und der Zierenberger Kuppe er- streckt sich ein Kalkma- gerrasen-Plateau, auf dem sich auch einer der ältesten Segelflugplätze Deutsch- lands befindet. Der Mu- schelkalk erlaubt auf dem Plateau und dessen Flanken ein Biotop mit einer ganz speziellen Flora, wie sie sich sonst z.B. in den Alpen findet. So kommen dort mehrere Arten Orchideen und Enziane vor.
Diese sehr schöne und so weit nördlich gelegen seltene Landschaft lässt sich über den rund 5 km langen Alpenpfad erwandern (ok, es war eher ein Spaziergang ...), was wir am Samstag Morgen denn auch unternommen haben. Neben den botanischen Besonderheiten, die nun im Herbst teils gar nicht mehr zu entdecken waren, bietet der Pfad immer wieder sehr schöne Ausblicke in die umliegenden Täler und auf die dort liegenden Dörfer. Alles in allem ein lehrreicher und schöner Kontrast zu den Workshops am Mikroskop in unserem Seminarraum.
Impressionen vom Alpenpfad
Diatomeenlagerstätten und gediegen Eisen
Wieder von unserer Wanderung auf dem Alpenpfad zurück erwarteten uns zwei schöne Vorträge.
Zunächst berichtete Wolfgang Kurtz in einem Bildvortrag über seinen Urlaub in Dänemark, wo er mit seiner Frau auch die weltbekannten (und zum UNESCO Naturerbe vorgeschlagenen) fossilen Diatomeenlagerstätten auf den Inseln Mors und Fur besucht und entsprechende Proben genommen hat. Wolfgang hatte für alle Interessenten Probenpäckchen vorbereitet, die beispielsweise diatomeenhaltigen grauen Zementstein sowie gelbes und schwarzes Mollerpulver enthielten. Dafür hier noch einmal herzlichen Dank!
Im Anschluss daran wurde es geologisch: Olaf Medenbach berichtete von einer der ganz seltenen Fundorte gediegenen Eisens, dem Kasseler Bühl, keine drei Kilometer von unserer Unterkunft an den Helfensteinen entfernt. Olaf hatte seinerzeit seine Diplomarbeit über diese Lagerstätten geschrieben und dann den Samstag Morgen dazu genutzt, den Bühl auch einmal live zu erleben. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort kommen.

Elementares (gediegenes) Eisen ist auf der Erde nicht beständig, da es durch die oxidierende Atmosphäre zu "Rost" auf- oxidiert wird. In ganz, ganz seltenen Fällen wurde trotzdem gediege- nes Eisen in terrestrischen Gesteinen gefunden.
Neben den Plateaubasal- ten auf der grönländi- schen Insel Disko ist der Bühl bei Kassel das wichtigste dieser Vorkommen. Zwischen 1907 und 1915 fand man in den untersten Teufen dieses Basalt-Steinbruchs zahlreiche Eisenknollen deren größte etwa die Ausmaße eines kleinen Brotlaibs hatte. Der Steinbruch wurde 1928 aufgelassen und ist heute ein reizvoller Badesee.
Mineralogische Untersuchungen zeigten, dass das Eisen des Bühls durch einen natürlichen Hochofenprozeß entstanden ist. Der ca. 1250°C heiße Basalt hat bei seinem Aufstieg Braunkohlenflöze durchschlagen und dabei Teile mitgerissen. In diesen Braunkohlen gab es Siderit- Konkretionen (Siderit ist Eisenkarbonat, FeCO3), die beim Verbrennen der Kohle in der heißen Schmelze zu Eisen reduziert wurden. In den dabei entstandenen schwammartigen Eisenmassen bildeten sich auch Eisen-Titan-Oxide, wie der seltene Ulvit (Fe2TiO4). Dessen Zerfallserscheinungen zu Ilmenit (FeTiO3), gediegen Eisen und Sauerstoff beweisen, dass in dem Basalt ähnliche Bedingungen herrschten wie bei der Bildung der Mondbasalte, in denen diese Reaktion erstmals beobachtet wurde.
Bilder von den Vorträgen
Foraminiferen im Streupräparat
Nach der verdienten Mit- tagspause stand der nächs- te Workshop auf dem Programm: Eberhard Raap demonstrierte anhand einiger mitgebrachter bereits aufbe- reiteter Foraminiferen-Pro- ben die Erstellung eines einfachen Streupräparates. Dabei kamen einige von ihm entwickelte Hilfen aus ein- fachen Materialien zum Einsatz, die die Arbeit beträchtlich erleichterten. Im Anschluss an die Demonstration der Arbeitsschritte konnte jeder der Teilnehmer diese unter Anleitung selbst nachvollziehen und so vier eigene Streupräparate erstellen, die anschließend auf den vorhandenen Heizplatten zum Trocknen gelegt wurden.
Der Schellack-Kleber und das Einschlussmittel Malinol wurden dabei von Eberhard gestellt, genau wie eine ausführliche Anleitung, die auch im
Downloadbereich herunter geladen werden kann.
Die Teilnehmer bei der Erstellung der Präparate
Die Anleitungen des Referenten können im
Downloadbereich unserer Webseite herunter geladen werden.
Und die Ergebnisse
Gut ausgeleuchtet

Auch für den Samstag Abend gab es das passende Thema: unter dem Motto "Gut ausgeleuchtet" zeigten Heike Buchmann und Horst-Dieter Döricht eine Reihe ihrer Kniffe bei der korrekten Ausleuchtung von Auflicht-Präparaten wie z.B. Insekten. Beispiele der damit erzielbaren Ergebnisse - natürlich mit einer gehörigen Portion Nachbearbeitung der manchmal aus Einzelbildern in dreistelliger Anzahl gestapelten Aufnahmen - gibt es auf der von den Beiden betriebenen Webseite
Linsenbeute und auch in der Galerie
Insekten und Spinnentiere hier auf der Webseite.
Die Auswirkung unterschiedlicher Lampenstellungen im Zusammenwirken mit einem einfachen, von jedem selbst zurecht geschnittenen Diffusor aus einem Einwegbecher konnte dabei von allen Teilnehmern unter dem eigenen Mikroskop anhand einer Moosprobe nachvollzogen werden. Wir hoffen natürlich, dass es auf dem Dörnberg-Treffen im kommenden Jahr eine Fortsetzung gibt, die uns allen den höheren Weihen der Bildbearbeitung näher bringt.
Während dieses Workshops erhielten wir Besuch von unserem Gastgeber mit zweien seiner Kinder, die sich - gut begleitet von den jeweiligen Besitzern - sehr interessiert mit den verschiedenen Präparaten und Mikroskopen an den einzelnen Arbeitsplätzen beschäftigten. Wir haben uns über den Besuch sehr gefreut und hoffen, ein wenig von unserer Faszination für die Welt des Kleinen weiter gegeben zu haben.
Beleuchtungsexperimente ...
... und was dabei heraus kommt
Was es sonst noch so gab
Neben den "offiziellen" Themen in Workshops und Vorträgen gab es an den einzelnen Tischen immer wieder interessante Dinge zu sehen und zu diskutieren. So zeigte Rolf-Dieter Müller zum Beispiel sein Sublimations-Verfahren mit selbstgebautem Heizelement anhand von Proben der Gewöhnliche Gelbflechte (Xanthoria parietina) und auch die von Eberhard Raab mitgebrachten Wasserproben mit Zieralgen und Diatomeen fanden regen Zuspruch.
Ebenfalls von Eberhard Raab gab es ein fertig vorbereitetes Präparat einer Schraubenalge (Sirogyra spec), gefärbt mit Anilinblau und Erythrosin. Die Probe befand sich bereits in Malinol und musste von den Interessenten nur noch eingedeckt werden. Und zu guter Letzt noch ein ganz besonderer Schatz: ein fantastisches Diatomeen-Legepräparat mit 72 Formen, selbst gelegt auch von Eberhard.
Dazu die folgenden Galerien mit Bildern der Präparate, die teils während des Treffens oder aber erst danach zu hause entstanden sind.
Sublimate von der Gelbflechte
Die Schraubenalge frisch und gefärbt
Die Zieralge Micrasterias
Diatomeen-Kreispräparat
In geselliger Runde
Natürlich wurde auf dem Dörneberg nicht nur in Workshops gearbeitet und Vorträgen gelauscht. Auch die Geselligkeit und der freundschaftliche Austausch untereinander kamen zu ihrem Recht. Selbstverständlich, dass auch dabei fotografiert wurde und eine Auswahl der Bilder hier nicht fehlen darf.
Dank
Wir danken dem Organisationsteam Heike Buchmann, Horst-Dieter Döricht und Wolfgang Grigoleit sowie allen Vortragenden für das sehr schöne und thematisch breit angelegte Wochenende im Naturparkzentrum Helfensteine. Insbesondere auch dank Horst-Dieters hervorragenden Beziehungen zum Wettergott konnten wir nicht nur die bestens ausgestatteten Räumlichkeiten des Zentrums zum Mikroskopieren nutzen, sondern auch die besondere Landschaft des Naturparks Habichtswald auf unseren kleinen Exkursionen genießen.
Keiner der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, der nicht im kommenden Jahr gerne wieder kommen würde, um im Helfenstein-Zentrum eine Fortsetzung dieses sehr schönen, aber leider viel zu kurzen Wochenendes zu erleben.
Literatur und Links
[ 1] HDDs Mikrowelten
Die Webseite von Horst-Dieter Döricht
[ 2] Mikroskopfreunde-Nordhessen
Die Webseite der Mikroskopfreunde-Nordhessen von Wolfgang Grigoleit
[ 3] Helfenstein-Zentrum
Die Webseite unserer Unterkunft
[ 4] Naturpark Habichtswald
Offizielle Webseite des Naturparks Habichtswald
[ 5] Arbeitsanleitung Wacker (W3A) Färbung und W3Asim II Färbung
Färbeanleitungen auf der Downloadseite des MKB
[ 6] Schneiden mit dem Handzylindermikrotom
Artikel zum Handzylindermikrotom auf unserer Webseite
[ 7] Schneiden mit dem Haga Kastenmikrotom
Artikel zum Kastenmikrotom auf unserer Webseite
[ 8] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007.
[ 9] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[10] Lege- und Streupräparate mit Schellack-Klebegrund
Anleitung von Eberhard Raap auf der Downloadseite des MKB
[11] Sammeln und Präparieren von Diatomeen
Anleitung von Eberhard Raap auf der Downloadseite des MKB
[12] Foraminiferen - Ein Katalog typischer Formen
W. Rönnfeld, im Eigenverlag, 2008.
wilfried.roennfeld(at)uni-tübingen.de
[13] Micrasterias - die kleinen Sterne
Teil 1: Taxonomie und Mitochondrien.
Wolfgang Bettighofer, Mikrokosmos 97 (2008) S. 298-303
[14] Micrasterias - die kleinen Sterne
Teil 2: Dictyosomen.
Wolfgang Bettighofer, Mikrokosmos 97 (2008) S. 355-360