Bau und Funktion des Blattes
Bonn, den 26.06.2014
Der von unserem Referenten Herrn Dr. Bodo Maria Möseler vom
INRES (Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz) der Uni Bonn vorgeschlagene Termin lag, auch zu seinem Leidwesen, parallel zum letzten Gruppenspiel der Deutschen Mannschaft aber trotz der laufenden WM war der Vortragssaal sehr gut besucht und alle Teilnehmer freuten sich auf den Vortrag mit Übungen zum Bau und der Funktion des Blattes.
Dazu hatte Herr Möseler ein umfangreiches Skript vorbereitet, das sich die Teilnehmer im Vorfeld herunterladen und ausdrucken konnten. Dieses Skript steht den Mitgliedern des MKB auch weiterhin unter Downloads im
Mitgliederbereich unserer Webseite zur Verfügung.
Aber auch für die anschließenden Übungen war einiges vorbereitet: unser Referent hatte verschiedene Pflanzenproben mitgebracht und die MKBler waren bereit, daraus mit ihren Gerätschaften entsprechende Schnittpräparate zu erstellen.
In seinem Vortrag ging Herr Möseler zunächst auf den makroskopischen Aufbau und die Funktionen der Blätter als Grundorgane des pflanzlichen Organismus ein. So kamen die Photosynthese (Assimilation) und der Gasaustausch und auch die Morphologie des Blattes in ihren je nach Art unterschiedlichen Ausprägungen zur Sprache. Aber auch die Blattentwicklung (Ontogenie) wurde angesprochen und mit eindrucksvollen EM-Aufnahmen unterlegt.
Die Frage "Was ist eigentlich ein Blatt?" - also nach der Definition dieses alltäglichen Gebildes, brachte uns dann doch alle ein wenig ins Grübeln: Ein Blatt ist ein meist flächig ausgebildetes seitliches Anhangsgebilde der Sprossachse, dass mit seinem Blattgrund eine Sprossknospe stützt.
Aber auch die Blattfolge der unterschiedlichen Blätter einer Pflanze - nicht immer sind alle vorhanden - kamen zur Sprache, genau wie die Lebensdauer, bei der die
Welwitschia mirabilis, deren zwei Blätter ein Alter von über eintausend Jahren erreichen können, einsam an der Spitze liegt.
Eine weibliche Welwitschie (Welwitschia mirabilis)
Die Pflanze kommt endemisch in der Wüste Namib vor und hat nur ein einziges Blattpaar, das vom Blattgrund her nachwächst und an den äußeren Enden kontinuierlich abstirbt. Die Pflanze wird über tausend Jahre alt und behält ihre Blätter lebenslang. Aufnahme einer Pflanze aus dem Botanischen Garten in Dresden.
Auch die möglichen Metamorphosen der Blätter beispielsweise als Blattran- ken, mit denen sich die Pflanze an ihrer Unterlage fest hält, als Speicherorgane wie bei der Zweibel oder als Fangorgane wie bei den
Kannenpflanzen (Gattung Nepenthes) oder der
Venus- fliegenfalle (Dionaea musci- pula) wurden angesprochen und mit interessanten Bei- spielen unterlegt.
Dabei kamen auch die blattähnlichen Umbildungen der Sprosse (Phyllokladien) wie bei der
Schirmtanne (Sciadopitys verticillata) oder den Mäusedornen (Gattung Ruscus) zur Sprache.
Dann aber wurde es mikroskopisch: gemeinsam mit unserem Referenten wagten wir den Blick ins Innere eines klassischen bifazialen Laubblattes, wie wir es hier im Absatzbild am Beispiel der Schneerose (Helleborus niger) sehen.
Von der Blattoberseite aus sehen wir die Epidermis mit der aufliegenden Cuticula, gefolgt vom hier einrei- higen Assimilationsparen- chym (auch Palisadenparenchym). Darunter finden wir eingebettet im luftigen Schwammparenchym ein parallel zur Schnittrichtung verlaufendes Leitbündel, dessen Tracheiden gut auszumachen sind. Den Abschluß an der Blattunterseite bildet wieder eine Epidermis mit Cuticula. Dort eingebettet sehen wir drei Stomata (Spaltöffnungen) mit deren Hilfe die Pflanze den Gasaustausch und die Verdunstung regelt.
bei der Buche schön zu beobachten: während Sonnenblätter von den äußeren Ästen eines Baumes oft kleiner sind und über ein mehrreihiges Assimilationsparenchym verfügen, sind die im inneren der Baumkrone wachsenden Schattenblätter in aller Regel größer und dünner gewachsen, mit einem nur einreihigen Assimilationsparenchym.
Nach so viel Theorie darf natürlich auch die Praxis nicht zu kurz kommen. Dazu konnten die Teilnehmer aus den verschiedenen Pflanzen auswählen, die Herr Möseler mitgebracht hatten. Die Blätter wurden dann mit den mitgebrachten Gerätschaf- ten geschnitten, fixiert, gefärbt und in Dauerpräpa- rate überführt.
Dazu im Anschluss einige Bilder vom Kleinen Mäuse- dorn (Ruscus aculeatus) und dem Blatt einer Bitterwurz-Art (Lewisia spec.)
Schnittbilder einiger Präparate
Eine Tabelle mit den Erläuterungen zu den in der vorangegangenen Galerie verwendeten Beschriftungen kann
hier auf unserer Webseite herunter geladen werden.
Impressionen aus dem Vortragssaal
Dank
Wir danken Herrn Dr. Bodo Maria Möseler für den interessanten und lehrreichen Vortrag, der uns einen schönen Einblick in die vielfältigen Formen und Funktionen der Blätter gegeben hat.
Literatur und Links
Wer sich noch ein wenig einlesen möchte, wird hier fündig:
[ 1] Mikroskopisch-Botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
Thieme, 2004
[ 2] Pflanzenanatomisches Praktikum I
W. Braune, A. Leman, H. Taubert
Spektrum, 2007
[ 3] Funktionelle Pflanzenanatomie
Walter Eschrich
Springer, 1995