MKB Exkursion Heider Bergsee

Die Exkursionsteilnehmer sammeln sich
Brühl, am 15.08.2020
Fünf „Tümpler“ des Mikroskopischen Kollegiums Bonn und vier interessierte Gäste trafen sich nach- mittags am Heider Bergsee im Rheinischen Braunkohle-Rekultivierungsgebiet bei Brühl. Bewaffnet mit Planktonnetz, Wasseranaly- sekoffern und Proberöhr- chen wurde am Südufer eine flache Uferstelle auf- gesucht und ein Feldlabor aufgebaut. Aber eine Eisenquelle und ein kürzlich getätigter Überraschungsfund gehörten ebenfalls zum Programm.
Nach 5 Monaten Corona-Zwangspause unsere erste Aktion und da Treffen in den Räumen der Universität noch nicht möglich sind, bei gutem Wetter im Freien.
Der 35 ha große und bis zu 8,8 m tiefe Heider Bergsee wurde 1965 nach dem Braunkohleabbau geschaffen und ist von Hügeln aus tertiären Kiesen und Sanden des Abraums umgeben, die heute dicht bewaldet sind.
Auf Luftbildern der 1950er Jahre sieht man an diesem Ort einen riesigen Tagebau mit Baggern, Brikettfabriken und Bahngleisen, die nach Wesseling führten, wo die Braunkohle von der „Rheinbraun“ als Braunkohlenstaub für Kraftwerke und als Ofenbriketts verschifft wurde.
Impressionen vom Heider Bergsee
In den 1980er Jahren machte der Heider Bergsee Schlagzeilen, da der Gesamtphosphatgehalt des Wassers ähnlich wie beim benachbarten Bleibtreusee auf das Achzigfache (0,87 mg/l) eines als normal angenommenen Wertes (0,01 mg/l) angestiegen war. Phosphat ist der für das Pflanzenwachstum in Seen limitierende Faktor, der deshalb eine enorme Düngewirkung entfalten kann. Aufgrund dieser Eutrophierung resultierte ein dichter Bewuchs des gesamten Seebodens mit Unterwasserpflanzen, insbesondere Tausendblatt-Arten, der die Erholungsfunktionen des Sees (Baden, Segeln, Bootfahren, Angeln) bedrohte. Als Folge dieser Entwicklung wurde ein „Umkippen“ des Sees befürchtet, d. h. ein Absterben aller aeroben Lebewesen und die Bildung von Faulgasen wie Schwefelwasserstoff, Methan und Ammoniak. Die Herkunft des Phosphats wird auf Aschenreste am Seeboden und auf Auswaschungen des Haldenmaterials zurückgeführt. Als Sanierungsmaßnahmen wurde der Zufluss vom Bleibtreusee geschlossen und aus den USA ein zwölf Meter langes Unterwasser-Mähboot beschafft, das die Myriophyllumbestände abschneidet und an Land verfrachtet. Landwirte können das Mähgut als Dünger nutzen und es so aus dem Einzugsgebiet des Sees entfernen.
Diese Maßnahmen retteten den Heider Bergsee, doch die südwestliche Bucht wird auch heute noch von Myriophyllum-Arten extrem verkrautet, wie die „Tümpler“ des MKB feststellten. Mit den Wasseranalysegeräten konnten sie eine deutliche Übersättigung des O2-Gehalts im Oberflächenwasser feststellen, die auf die hohe Fotosyntheseaktivität der Unterwasserpflanzen zurückzuführen ist. Der Sauerstoffgehalt lag nach unseren Messungen bei 9,8 mg/l, was bei 26°C Wassertemperatur einer Sättigung von 120% entspricht.
Der Phosphatgehalt (PO4 3-) lag bei ca. 10 μg/l und hart an der Grenze des Messbereichs unseres Analysekoffers. Nach dem Absterben vieler Wasserpflanzen im Winter dürfte der Wert durch freiwerdendes Phosphat aber deutlich höher liegen. Die elektrische Leitfähigkeit gibt als Summenparameter die Gesamtheit der gelösten Ionen an. Das Seewasser wies einen recht hohen Wert von ca. 730 μS/cm für die Leitfähigkeit auf, der pH-Wert lag bei 8,3. Bleibt noch die Wasserhärte, die wir mit 20 Grad dH Gesamthärte und 6 Grad dH Carbonathärte gemessen haben.
Probenahme und Impressionen aus dem Feldlabor
Erstaunlich ist es, dass das Wasser mit einer Sichttiefe von ca. 5 m optisch einen sehr sauberen Eindruck macht und der See als mesotroph eingestuft wird. Andere Seen, wie der in der Nähe gelegene Berggeistsee, weisen bei hohen Phosphatwerten Trübungen durch Algenblüten auf. Aufgrund des reichen Bewuchses mit Unterwasserpflanzen (Makrophyten) werden am Heider Bergsee die unerwünschten Wasserblüten (Massenvermehrung von Planktonalgen) verhindert. Aus diesem Grund blieb die Ausbeute an Planktonalgen für die spätere mikroskopische Untersuchung gering.
Ein Paar mikroskopische Aufnahmen aus den Wasswerproben vom Heider Bergsee
An der Eisenocker-Quelle am Ende der Bucht wurden weitere Proben genommen. Hier tritt aus den Kiesen und Sanden eine Quelle mit Eisenocker-Ausflockungen aus. Bei der Freisetzung von Eisenionen aus Gesteinen sind Eisenbakterien beteiligt, die aus der Oxidation vom zweiwertigen zum dreiwertigen Eisen Energie für ihren Stoffwechsel gewinnen. Da dabei unlösliche Fe(III)-Oxidhydrate gebildet werden, konnte mit einer gelben Blutlaugensalzlösung keine Blaufärbung (Berliner-Blau-Reaktion) herbei- geführt werden.

Die Eisenocker-Quelle
Blaualgen von der Oberfläche der Eisenquelle
Die letzte Untersuchung galt dem Überlauf vom Schluchtsee, wo sich vor einigen Tagen noch ca. 50 Flusskrebse aufhielten. Inzwischen wurden die Krebse arg von Räubern wie Graureihern, Füchsen oder Mardern dezimiert, wie die vielen übriggebliebenen Scheren und Beine vermuten lassen. Jörg Weiss war bei einer Vorexkursion aufgefallen, dass die Krebse anders aussahen als die bisher hier nachgewiesenen Kamberkrebse (Faxonius limosus). Das MKB konnte für den Heider Bergsee eindeutig die neue Krebsart Marmorkrebs (Procambarus fallax) nachweisen, die bisher nur an wenigen Stellen in NRW gefunden wurde. Beide Krebsarten stammen aus Nordamerika und sind Überträger der Krebspest, die die einheimischen Krebsarten (Europäischer Flusskrebs und Steinkrebs) an den Rand des Aussterbens gebracht haben. Aus diesen Gründen ist das Ausbringen von fremdländischen Krebsen in heimische Gewässer verantwortungslos.
Krebsjagt
Marmorkrebse, die Stars der Exkursion
Die Exkursion endete im „Strandhaus“, wo sich die Teilnehmer bei Souvlaki, Gyros und einem kühlen Bier stärkten und sich über ihre mikroskopischen Projekte austauschten. Auch hier natürlich unter Wahrung der geltenden Corona-Abstandsregeln.
Dank
Wir danken Klaus Leder für die interessante und gut vorbereitete Exkursion mit ihren vielen High Lights!