Pollen: Morphologie, Diversität und Paläoklimatologie
Mikroskopieren mit der Referentin Frau Dr. Miebach
Bonn, den 18.01.2018
Im ersten Abendvortrag im neuen Jahr drehte sich alles um Pollen. Wie sieht der mikroskopisch kleine Blü- tenstaub aus? Wie sind Pollenkörner aufgebaut? Wie wird die Pollenanalyse in der Forschung genutzt? Diese und weitere Fragen beantwortete die heutige Vortragende Dr. Andrea Miebach. Sie ist wissen- schaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Litt am Steinmann-Institut der Universität Bonn. Die Arbeitsgruppe untersucht hauptsächlich die Vegetations- und Klimageschichte Europas und Südwestasiens der letzten Jahrhunderttausende.
Frau Miebach begann den Vortrag mit einer kurzen Einführung in die Pollenmorphologie und erklärte die wichtigsten Bestimmungsmerkmale. Denn mithilfe dieser lassen sich die Pollenkörner Pflanzenfamilien, -gattungen oder auch -arten zuordnen. Zu den Bestimmungsmerkmalen gehören die Form und Größe des Pollenkorns, der Aufbau der Pollenwand, die Beschaffenheit der Oberfläche (Skulptur) sowie die Anzahl und Art der Keimstellen (Aperturen). Die Aperturen sind die Bereiche in der Pollenwand, an denen der Pollenschlauch zur Befruchtung der Pflanze austritt.
Sogleich folgte der erste praktische Teil des Abends: das Mikroskopieren von Pollen einiger wichtiger europäischer Baumarten. Hier bekamen die überaus interessierten und motivierten Teilnehmender bereits einen ersten Einblick in die große Diversität der Pollen.
Lichtmikroskopische Aufnahmen fossiler Pollenkörner und eines Panzergeißlers vom Iznik-See (Türkei) von Andrea Miebach.
Danach gab Frau Miebach einen Überblick über das Prinzip der Pollenanalyse. Sie erläuterte die Präparationsverfahren rezenter und fossiler Pollen, die Vorteile verschiedener Mikroskope sowie Auswertungsgrundlagen. In ihrer Arbeitsgruppe werden hauptsächlich Lichtmikroskope zur Bestimmung und Auszählung von Pollen genutzt. Das Rasterelektronenmikroskop und konfokale Laser-Scanning-Mikroskop des Instituts werden für speziellere Frage- stellungen und zur Veranschaulichung von Pollen verwendet.
Beim zweiten Mikroskopierteil des Abends wurden einige charakteristische Kräuterpollen angeschaut. Genau wie die Baumpollen stammten diese Präparate aus der Vergleichssammlung rezenter Pollen des Steinmann-Instituts. Die Pollen rezenter sprich heute lebender Pflanzen werden gesammelt, um einen Vergleich mit fossilen Pollen zu haben.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen ca. 76.000 Jahre alter Pollenkörner vom Toten Meer von Andrea Miebach.
Zuletzt berichtete Frau Miebach von der Anwendung der Pollenanalyse in der Paläontologie. Dabei legte sie den Fokus auf die Nutzung in der Paläoklimatologie und veranschaulichte dies anhand ihrer eigenen Forschung am Iznik-See. Mithilfe von Bohrungen in dem türkischen See gewannen die Wissenschaftler Einblicke in die letzten 30.000 Jahre der Vegetations- und Klimageschichte der Nordwesttürkei. Die fossilen Pollen, die in den Seesedimenten eingeschlossen waren und untersucht wurden, ließen Rückschlüsse auf die damalige Pflanzenwelt zu. Da Pflanzen immer an ein bestimmtes Klima angepasst sind, konnte so auch das damalige Klima rekonstruiert werden. Darüber hinaus fand das Forscherteam Belege für den menschlichen Einfluss auf die Umwelt. Die Erkenntnisse aus der Paläoklimatologie helfen uns die Auswirkungen heutiger und zukünftiger Klimaänderungen einschätzen und berechnen zu können. Der Artikel zur Studie ist in der Fachzeitschrift „Climate of the Past"
hier frei verfügbar.
Abschließend hatten alle Teilnehmer noch die Chance die fossilen Pollen vom Iznik-See zu mikroskopieren. Hier fanden sich nicht nur Pollenkörner sondern auch andere Palynomorphe wie Grünalgen und Panzergeißler (Dinoflagellaten). Die PowerPoint-Präsentation des heutigen Abends steht im
Mitgliederbereich zur privaten Verfügung.
Wir danken Frau Dr. Andrea Miebach für den akribisch vorbereiteten und ebenso unterhaltsamen wie interessanten Vortrag mit der Möglichkeit zur Mikroskopie der mitgebrachten Präparate!
Impressionen vom Treffen
Die Aufnahmen in der folgenden Galerie wurden von den von unserer Referentin mitgebrachten Präparaten aus der freien Hand mit der Kamera eines Mobiltelefons durch das Okular eines Leitz HM Mikroskops gemacht.
Handyfotos aus den praktischen Übungen des Vortragsabends